Archiv für den Monat: September 2022

Gestik in analogen und virtuellen Meetings

Sie kennen sicher das Spiel „Schere-Stein-Papier“.

Es wird von zwei Spieler*innen mit Handzeichen gebildet und gehört zu jenen Spielen weltweit, die unabhängig von Sprache oder Geschlecht und Alter immer gleich gespielt werden.

Diese internationalen Handzeichen, die wirklich jede*r versteht, sollten wir uns auch bei Moderationen mehr und mehr zu Nutze machen: egal ob bei Meetings im Büro oder noch mehr bei virtuellen Sitzungen. Ein Beispiel aus dem Teambuilding: Eine Hand heben bedeutet „ich will was sagen“, zwei Hände heben „ich will zum Vorredner einen Kommentar abgeben“ oder bei Online-Konferenzen beide Arme leicht anheben und in der Luft neben dem Gesicht die Hände aus dem Gelenk drehen, bedeutet Zustimmung, ähnlich dem Applaus bei der Gebärdensprache.

Wichtig ist bei dieser neuen „Sitzungs-Gebärdensprache“: das Team muss eindeutig wissen, was welche Gestik bedeutet. Denn auch nonverbale Zeichen können Missverständnisse auslösen. Inspirationen für Moderationszeichen und damit für produktivere Meetings finden Sie hier.

Johann und die digitale Transformation

Johann ist Hausmeister. Einer der letzten seiner Zunft.

Seit einiger Zeit hat er ein Tablet, das ihm von der Hausverwaltung übergeben wurde. Er solle damit Schäden an den Gebäuden fotografieren und jeweils ein Ticket für deren Behebung lösen. Johann hat auch einen Kurs besucht und gelernt, wie all die Apps am Tablet zu bedienen sind. Er soll demnächst sogar seine Arbeitszeiten digital eingeben. Leider vergisst Johann das Tablet oft und versucht am Abend mühsam die Daten nachzutragen. „Wo soll ich das Ding denn einstecken, wenn ich arbeite?“, entschuldigt er sich.

Johann, der Hauswart, ist einer der Betroffenen einer digitalen Transformation. Es könnte auch Konstantin, der Rechtsanwalt hier beschrieben sein oder Marlies, die Verwaltungsbeamtin.

Bei Johann hat sich mit dem digitalen Endgerät seine Arbeitswelt verändert ohne, dass er dessen Tragweite erkannte bzw. darüber informiert wurde. Johanns Arbeit, Schäden bei Immobilien zu entdecken, bleibt. Jedoch die Suche nach Handwerkern, die Kontaktaufnahme und deren Koordination fällt weg. Und damit auch viel Kommunikation, wie Preisverhandlungen oder das Plauscherl mit den Handwerkern. Natürlich hat Johann einen Kurs zur digitalen Kompetenzerweiterung bekommen; der Aspekt der Kulturveränderung ist dadurch nicht abgedeckt.

Streichen Sie digital für gute Transformationen

Meine Empfehlung, wenn Sie in oder vor einem Projekt zur digitalen Transformation stehen: Denken Sie die digitale Transformation ohne das Wort „digital“. Transformationen sind dann erfolgreich, wenn Sie Betroffene einbinden, wenn Akzeptanz und Neugierde gefördert werden, wenn Sie Fragen, Sorgen und Befürchtungen im Dialog klären. Digitalisierungsprojekte sollen aus meiner Sicht nicht durch die IT-Brille gesteuert werden, denn sie sind erfolgsabhängig von der Akzeptanz der Betroffenen. Jede digitale Transformation ist zuallererst eine Veränderung, die Unruhe auslöst und erst in zweiter Linie ein technisches Projekt. Denn das Wesen der digitalen Transformation ist Kommunikation.

Nicht-Entscheidungen: „Kopfkino“ in Organisationen

Kennen Sie das? Sie können sich einfach nicht entscheiden.

Besser die weiße Bluse oder den grünen Blazer? Dem neuen Jobangebot zusagen oder im bisherigen bleiben? Diese Nicht-Entscheidung kurz „FOBO“ (fear of better option/offer) beschreibt die Angst, eine Entscheidung zu treffen, die nicht optimal ist. Es könnte ja eine bessere kommen. Denn jede Option, die eine Person oder Organisation wählt, eliminiert die anderen.

Zunehmend verbreitet sich dieses Nicht-Entscheiden aus meiner Wahrnehmung auch in Organisationen und Teams. Die Pandemie könnte das verstärkt haben, da eine Vielzahl von Entscheidungen kurzfristig zu treffen waren und nun die langfristig strategischen Weichen auf neuem Fundament gefällt werden müssen.

Mit jeder Entscheidung bringt eine Organisation „auch zum Ausdruck (…), wie man die Zukunft sieht“, so der Universitätsprofessor und Autor Stefan Titscher. Sein Buch „Entscheidungen: umsetzen“ vom Verlag facultas, lege ich allen, die jetzt im Herbst vor weitgehenden strategischen Weichenstellungen stehen, ans Herz. Nicht nur wegen der besten „mathematischen“ Formel, die ich dort kennenlernen durfte: EE = f (EQxIQ). Der Erfolg einer Entscheidung (EE) ist von der Qualität des Entscheidungsprozesses (EQ) und der Qualität der Implementierung (IQ) – also der Umsetzung bestimmt.

„Eisessen“ – die Zukunft der informellen Kommunikation

„In der Kaffeeküche spielt die Musik.“

So drückte es der Verständlichkeitsforscher Benedikt Lutz einmal aus und meinte damit, dass an sozialen Orten in den Organisationen Meinungen gebildet und gefestigt werden. Allerdings war das in Pre-Corona-Zeiten. Wo findet dieser informelle Kulturaustausch heute statt? Wo sind in der Welt zwischen Home-Office und Büro die Lager- und Umschlagplätze für die Beziehungsarbeit?

Wenn sich Kolleg*innen kaum mehr zeitlich überschneiden und deshalb keine gemeinsame Mittagspause haben oder die Geburtstagswünsche nur mehr via Mail erhalten, leidet über kurz oder lang das Teamgefüge. Denn gerade in turbulenten Zeiten wie diesen, brauchen wir Bestätigung und das Gefühl von Gemeinsamkeit mehr denn je genauso wie kurze, schnelle Abstimmungen ohne langen Chat-Austausch.

Wie könnte nun die Zukunft der informellen Kommunikation aussehen? Wahrscheinlich werden wir informelle Momente stärker organisieren müssen oder zumindest initiieren, damit sie die Chance haben, sich in einem Team selbst zu organisieren. Das kann, muss aber nicht Aufgabe der unmittelbaren Führungskraft sein. Ab und zu ein Mail mit einer Frage in die Runde wer zum Lunch mitkommt oder am Nachmittag ein Eis im Büro genießen will, kann ein Anstoß sein. Die Aktivität ist natürlich nur für jene relevant, die vor Ort sind, angesprochen sollen aber alle werden. Durch die neuen Regelungen zwischen Standort- und Home-Office-Zeiten ist es wichtig, diese Initiativen zeitlich flexibel zu halten, um jede*n einmal pro Woche zu erreichen. Ein Foto der informellen Aktivität für alle im Team kann Lust auf mehr machen.