Archiv für den Monat: November 2022

Ver-Bindung tut gut

Wir sind soziale Wesen. Im Home-Office, im Vor-Ort-Büro, bei Verhandlungen, bei Projekten. Egal ob analytisch, kreativ oder durchsetzungsstark im Tun. Wenn wir das Gefühl haben, mit anderen eine gute, stabile und vertrauensvolle Ver-Bindung zu haben, dann sind viele von uns auch leistungsbereiter. Wenn wir uns an Kolleg*innen und Führungskräfte ge-bunden fühlen, dann macht es einfach Spaß, gemeinsam Probleme zu knacken oder auch mal eine Extrarunde zu drehen.

Leistungen und Engagement brauchen ein Beziehungsgefüge, das in der hybriden Arbeitswelt neu gedacht werden muss. Denn Ver-Bindung stellen wir nicht per Mail her. Wir brauchen den Augenkontakt und das Spüren, wie der oder die andere „tickt“. Wir wollen wissen, wie nah oder weit unsere Wertehaltung zueinander ist. Und wir lieben Lachen ebenso wie Lästern.

Die neue Teamstabilität braucht noch mehr Verbundenheit, weil viele Teams nicht mehr in voller Personalgröße von Montag bis Freitag zusammenkommen. Bei 20 bis 40% Home-Office-Zeit sehen wir immer nur einen Teamausschnitt. Gerade deshalb sollten Führungspersonen besonders auf Zeiten achten, zu denen allen sich formell wie informell sehen und erleben können – nicht nur am jährlichen Teamtag.

Die Frage „Wie stellen wir in hybriden Zeiten Verbundenheit im Team her“ kann durchaus auch mit und im Team gestellt und beantwortet werden. Gemeinsame Überlegungen haben eine ganz besonders gute Auswirkung auf Teamkulturen und ermöglichen, dass sich der und die Einzelne als Mitgestalter*in für das neue Normal empfindet.

Mehr dazu finden Sie auch in unserem Artikel Emotionale Verbundenheit

Emotionale Verbundenheit

Feed-forward statt Feed-back

Mit dem Feed-back-Geben ist das so eine Sache: Entweder kommen Botschaften nur „weichgespült“ an, weil sie mit Lob und Bestätigung aufgeladen wurden. Oder sie werden als Kritik empfunden und manch ein*e Empfänger*in reagiert ablehnend. Falsch aufgesetzte Feed-backs können die Beziehungsebene zwischen Teammitgliedern belasten.

Organisationen und Teams müssen aus meiner Erfahrung schon sehr gut aufeinander eingestimmt sein, damit Feed-backs als ein konstruktives Entwicklungsinstrument funktioniert. Feed-backs brauchen Zeit, Wiederholdung und die Bereitschaft aller, sich auf Rückmeldungen einzulassen. Sie verlangen die Kunst des aktiven Zuhörens und der Reflexionsfähigkeit. Und nicht jede Methode funktioniert in jedem Team: Manche Teams können mit 360 Grad-Feed-backs von mehreren Personen für ein Teammitglied gut umgehen, anderen ist das zu offen und sie schätzen bilaterale Rücksprachen umso mehr. Eine Feed-back-Methode für ein Team namens „Retrospektive“ finden Sie in diesem früheren Artikel von uns.

Die Kritik, die ich (und der Gründer der 360-Grad-Feed-backs Dr. Marshall Goldsmith) an Feed-backs haben: Sie beziehen sich auf das Gewesene und verstärken die Muster der Vergangenheit. Um ins Morgen zu kommen, helfen Feed-forwards, also Empfehlungen an die Zukunft. Voraussetzung dafür ist, dass jedes Teammitglied für sich selbst eine Veränderung definiert hat, die es in den kommenden Monaten erreichen wollen würde. Das Team hilft mit Vorschlägen, diese Veränderung zu erzielen. Mehr Details zur Durchführung über Feed-forwards lesen Sie hier.

Eine schöne Methode, um Muster aus der Vergangenheit zu durchbrechen und für die Zukunft neue zu entwickeln, hat die deutsche Unternehmensberaterin Claudia Thonet gefunden: Sie nennt sie die „Plus-Plus-Methode“. Dabei geht es um ein Reframing möglicher Kritikpunkte und um das Ansprechen, welches konkrete Verhalten in Zukunft gewünscht ist. Reframing bedeutet „Umdeuten“ – Sie geben dem, was Sie sehen oder was Sie ärgert eine „neuen Rahmen“.

Statt sich über die Sturheit des jungen Mitarbeiters oder über die „Gluckenhaftigkeit“ der längstdienenden Mitarbeiterin zu ärgern, freuen Sie sich über seine Fähigkeit, ausdauernd an Dingen dranzubleiben, und über ihre Motivation, für eine gute Integration aller Teammitglieder zu sorgen.

Das Reframing wird im ersten Teil dieser Rückmeldungs-Methode angewendet und sie geht noch weiter. Im zweiten Teil wird ein Wunsch, „was noch zusätzlich“ relevant wäre, angesprochen. Im Fall unseres fiktiven Mitarbeiters könnte das lauten: „Ich finde Deine Ausdauer im Projekt bewundernswert und diese wünsche ich mir, wenn Du einmal pro Woche die Befindlichkeiten im Team aktiv ansprichst, reflektierst und in Deine Arbeit einbaust.“ Oder im Fall der oben beschriebenen Mitarbeiterin: „Ich bewundere, wie wichtig Dir das Wohlergehen aller ist und bitte Dich um eine Weiterentwicklung dieser Stärke: Wohlergehen heißt auch, dass junge Kolleg*innen eigene Fehler machen dürfen und die Arbeit anders machen als sie bisher gemacht wurden.“

Der erste Teil, also das erste Plus bezieht sich auf eine Stärke des Mitarbeitenden. Der zweite Teil, das Plus-Plus, auf deren künftigen Einsatz.

Steckt das Übergangs-Management in den Kinderschuhen?

Ein 3-Schritte-Plan, um das Generationen- und Übergangs-Management einer Organisation rasch und mit Effekt zu entwickeln.

Das Recruiting sucht. Oftmals sind in Konzernen hunderte Stellen gleichzeitig ausgeschrieben. Die Personalrechtsabteilung setzt die Verträge jener auf, die kommen. Die Führungskräfte kümmern sich um das Onboarding der Neuen. Die Personalentwicklung sichtet Talente, der Betriebsrat sorgt sich um altersgerechte Arbeitsplätze und die Finanzabteilung berechnet Planstellen. Manchmal existiert auch eine Stelle für das Wissensmanagement und eine Diversitätsbeauftragte: Viele Stellen rund um das Thema Mensch in der Organisation.

Für ein gelingendes Generationen- und Übergangs-Management sind gerade diese vielen Stellen das größte Hindernis. Denn das Thema ist eine Querschnittsmaterie, die nicht nur wie ein Puzzle betrachtet werden kann, sondern eine Gesamtbetrachtung braucht. Neben der nun modernen „Employer Journey“, also dem Weg des Mitarbeitenden vom ersten Arbeitstag bis zum Ausscheiden, braucht es den Blick aus der Strategiebrille: Welche Mitarbeitenden mit welchem Wissen und welchen Fähigkeiten können die Herausforderungen, der sich die Organisation stellen wird, am besten lösen? Welches Wissen braucht die Organisation langfristig und von welchem sollte sie sich besser trennen? Welche Kultur und welches Miteinander kann die Zukunft unterstützen und welche (vielleicht aktuell herrschendes) ist kontraproduktiv?

Wir empfehlen für ein gutes und funktionierendes Generationen- und Übergangs-Management drei strategische Schritte:

  • Erstens: Nominierung EINER verantwortlichen Stelle, die sowohl die HR-Kompetenz als auch Zugang zu Strategie- und Entwicklungs-Prozessen der Organisation hat.
  • Zweitens: diese Stelle soll die (und glauben Sie mir Daten gibt es!) verfügbaren Einzeldaten der Organisation bündeln und mit neuen Verfahren, wie etwa Simulationen anreichern. Es überrascht uns immer wieder, dass verschiedene Stellen uns Zahlen liefern für den Bedarf von Mitarbeitenden und für das Ausscheiden, dass Fluktuationen woanders erhoben werden als Anträge zu Bildungskarenzen. Selbst Mitarbeiter*innen-Zahlen werden tendenziell nur als FTE ausgewiesen statt lebensphasen-geprägt und nach Bedürfnissen.
  • Drittens: Auf Basis der Daten und des Wissens um die Weiterentwicklung der Organisation kann nun ein langfristiger strategischer Plan für Wissenssicherung, für Kulturarbeit, für Aufnahme- und Personal-Entwicklung verfasst werden.

Besonders dann, wenn Transformationen oder größere Eingriffe bevorstehen, brauchen Verantwortliche viel Wissen rund um ihre Mitarbeitenden: von jenen, die derzeit das Rad am Laufen halten und jenen, die bald in den Ruhestand gehen, sowie von jenen, die demnächst kommen sollen. Denn Veränderung geht nur mit den Menschen, die eine Organisation bilden. Julia Balogun, Lektorin für Strategic Management der Cranfield School of Management, hat einmal so ausgedrückt: „Change is about changing people, not organisations[1]

[1]Balogun, Julia: Strategic change. Erschienen in Management Quarterly Part 10, Januar 2001.