Archiv für den Monat: September 2023

Von D&I zu DEIB – neue Diversitäts-Sichtweisen

Diversity & Inclusion reichen nicht aus, um allen Mitarbeitenden das gute Gefühl zu geben, mit allen Stärken und Besonderheiten bei ihrem Arbeitgeber anzukommen. So beschrieb Sara Riedl, Expertin für Peoplemanagement aus dem Silicon Valley, am 7. September 2023 beim 14. Frühstücks-Salon von Gerhild Deutinger und Martina Friedl, die Entwicklung des Themas. Die Erweiterung „DEIB“ umfasst mehr: das E steht für Equity, Gerechtigkeit bzw. Fairness, und „B“ als Abkürzung von Belonging bedeutet Zugehörigkeit; D+I bleiben. Das Gefühl – auch als unterrepräsentierte Gruppe – dazuzugehören, Teil der größeren Gemeinschaft zu sein, führt zu einem Wandel Richtung psychologischer Sicherheit. Und diese ermöglicht es jedem und jeder, sich optimal einzubringen.

Worin liegt der Vorteil dieses erweiterten sprachlichen Diversitäts-Begriffs? Er geht aus unserer Sicht weg von den Anstrengungen jener Stellen, die sich seit vielen Jahren um Geschlechtergerechtigkeit, gleiche Bezahlung bei gleicher Arbeit oder Anerkennung von Menschen mit Beeinträchtigung kümmern. Empowerment von Frauen hat beispielsweise oft noch den Touch, dass Frauen (von Expert*innen) ermächtig werden müssen. Zugehörigkeit nimmt den Druck weg, dass einzelne Stellen oder Personen in der Organisation für die Inklusion verantwortlich sind – und nimmt gleichzeitig alle in die Pflicht. Für ein integratives Arbeitsumfeld, in dem alle ihre Stärken und Besonderheiten einbringen können, sind alle verantwortlich. Unabhängig von Hierarchie, Dauer der Unternehmens-Zugehörigkeit oder Stellenprofil. Natürlich braucht es weiterhin Guidelines und integrative Einstellungspolitik – doch mit dem „E“ und vor allem dem „B“ wird das Thema Arbeitsplatz und Organisationsumfeld für alle zu einem Thema für alle.

Das neue Normal in den USA: Neuro-Diversität im Tech-Umfeld

Sara Riedl, die beruflich der Technologiebranche nahesteht, berichtete weiters über den offenen Zugang in den USA mit den Themen ADHS, Asperger oder anderen Autismus-Formen. Unternehmen würden dies – im Gegensatz zu Europa – nicht als „Behinderung“, sondern als Chance sehen. Sie bieten Mitarbeitenden an, die für sie individuell optimale Arbeitsumgebung in Bezug auf Lärm, Licht oder Auszeiten während des Tages zu schaffen. Das führte während unserer Veranstaltung zu diesem wunderbaren Chat-Eintrag, für den ich mich ganz besonders bedanken möchte: „Ganz lieben Dank. Der Salon hat mich vor allem bestärkt, das Thema wieder zu fokussieren… und die Superkräfte von Menschen zu sehen.“

Mehr über Sara Riedl erfahren Sie auf ihrer Website.

Schutzschirm Organisationskultur

Die Organisationskultur ist schon lange kein so genannter „weicher“ Faktor mehr. Sie ist ein zentraler Faktor, damit sich Fachkräfte oder junge Leute für ein Unternehmen und gegen ein anderes entscheiden. Sie ist ein weiterer Faktor, um Mitarbeitende zu binden und zu Mehrleistung, wenn etwa eine Transformation ansteht, zu bewegen. Und sie ist – wie der deutsche Unternehmensberater Winfried Berner in seinem Buch „Cultural Change“ wunderbar ausführt – der Unterschied in harten wirtschaftlichen Zahlen. Mehr zur Unternehmenskultur von W. Berner lesen Sie hier: Unternehmenskultur

Kultur in der Organisation ist immer – selbst dann, wenn sie nicht gesteuert und gebildet wird. Es ist die Art, wie am Morgen die Begrüßung unter den Mitarbeitenden und zu den Führungskräften stattfindet, wie die Meetings gestaltet sind, wer wann was sagen oder eben nicht sagen, anmerken oder kritisieren darf. Es ist das Gefühl, mit Freude oder Ärger den Arbeitstag zu verbringen und auf Unternehmensgegenstände Wert zu legen oder achtlos mit dem Eigentum umzugehen.

Gerade in Zeiten der Unsicherheit suchen Mitarbeitende nach Sicherheit und Stabilität. Die Organisationskultur kann einer dieser Haltegriffe sein, die ergriffen werden, wenn das Boot schaukelt. Organisationskultur ist verlässlich; sie ist berechenbar. Und damit ist sie auch manchmal ein Hindernis, wenn der vermeintliche Schutzschirm nicht mehr passt oder zeitgemäß ist.

Eine Kultur zu ändern ist hart. Das hat der US-amerikanische Ökonom Peter Drucker wunderbar im Zitat „Culture east strategy for breakfast“ zusammengefasst. Eine Kultur ist stärker als jede Strategie oder jeder Strategiewechsel. Kultur ist das unsichtbare Band, das in den Organisationen die Vergangenheit mit der Gegenwart verbindet. Sie ist die DNA der Organisation, die in Geschichten und Anekdoten lebt.

Aber sie ist änderbar! Mit den Menschen, die sie leben, und wenn die neue Kultur einen passenden besseren Schutzschirm bildet. Denn die alte Kultur weggenommen und alle im Regen stehen lassen, das befeuert nur die Wehmut, dass früher alles besser war.

Killt KI die IK?

Hand aufs Herz: Haben Sie in den vergangenen Monaten nicht auch schon ChatGPT oder ein anderes Programm etwa für die Erstellung von Bildern genutzt? Und wie war es? Meine Erfahrungen bei klassischen Textsorten wie einem Beschwerdebrief nach einem Flugausfall oder einem LinkedIn-Posting waren geradezu wunderbar: zeitsparend, sprachlich einwandfrei, präzise.

Heißt das nun, dass KI-Software die Texte formulieren kann, die interne Kommunikation übernimmt? Sie könnte ähnliche und passende Beiträge für verschiedene Mitarbeitermedien verfassen. Daraus Interview-Fragen und Antworten für einen Podcast erzeugen oder das Vorstandsbriefing für die kommende Town-hall-Veranstaltung schreiben. Denn Inhalte gibt es in den meisten Organisationen mehr als genug – die Aufbereitung wäre mit KI-Systemen deutlich schneller. Und die Gatekeeper-Funktion würde doch nicht wegfallen, denn Texte müssten weiterhin gelesen und freigegeben werden.

Aus meiner Sicht erlaubt die KI der internen Kommunikationsstelle eine Re-Positionierung. Die Zeitersparnis könnte sie bewusst nutzen. Etwa, um an neuen Konzepten zu arbeiten, die oft ewig in Schubladen stecken, wie echtes Employer Branding. Endlich Zeit, mit dem Management Board über Organisationskultur nachzudenken und neue Schritte zu wagen. Endlich das alte Intranet über Bord werfen und Formate testen, die es noch nie gab. Oder die Fehlerkultur des Unternehmens endlich verbessern… Themen gibt es für die IK genug. Mein Appell an alle IK-Verantwortlichen: Traut Euch, die KI zu nutzen, um Eurer Abteilung oder Stabsstelle den Wert zu geben, die sie haben sollte: strategisch, steuern und vorausblickend.

Übrigens: Ich habe mir auch einen Artikel zu diesem Thema „KI und IK“ vorschlagen lassen. Er hat mir aber nicht gefallen; zu allgemein, zu zaghaft. Daher mussten Sie meine Meinung zum Thema lesen.