Archiv für den Monat: Juli 2024

Sommer, Hitze, Austausch

Fünf Jahre Team Breite Gasse. 15 Salongespräche vorwiegend als digitale Frühstückseinladungen. 50 gemeinsame Termine von Martina Friedl und mir zu Diversität, Führung und Change. Das alles und mehr feierten wir bei 28 Grad am 25. Juni 2024. Ein Kommen und Gehen von Kund*innen, Partner*innen, früheren Mitarbeitenden und Freund*innen – es war wunderbar.

Ein paar Impressionen dazu finden Sie hier und in diesem Artikel: „Wenn Zufriedenheit an erster Stelle steht“

Wenn Zufriedenheit an erster Stelle steht

Nicht die Schönheit des Algorithmus gewinnt bei der digitalen Transformation. Sondern gute Antworten auf drei Fragen der Anwender*innen.

Die Langzeitpflege in der NÖ Landesgesundheitsagentur hat im Bereich digitale Transformation ein Good-Practise-Modell geschaffen. Durch einen Switch des Fokus: An die oberste Prämisse stellten die Verantwortlichen nicht nur das Funktionieren der Software, sondern die nachhaltige Zufriedenheit der Anwender*innen. Wie wurde dort nachhaltige Zufriedenheit bei der Einführung der digitalen Pflegedokumentation für alle Anwender*innen der Pflegeberufe hergestellt? Durch eine offene, klare Kommunikation, Partizipation und interne Unterstützungsprozesse.

Ein revolutionär neuer Fokus? Keineswegs! Aber gerade bei digitalen Transformationen stehen sich IT-Expert*innen und Digitalisierungs-Spezialist*innen oft selbst im Weg, in dem sie ihr „Produkt“ in den Fokus stellen und das Wissen aus dem Emotionsmanagement und der Kommunikationsberatung negieren.

Drei Fragen, die alles entscheiden

Die erste Frage, die wir bei digitalen Transformationen immer stellen: Worin liegt der Mehrwert für den Anwender oder die Betroffene? Welchen übergeordneten Sinn verfolgt die Veränderung, zu Neudeutsch: Worin liegt der Purpose? Die Vision darzustellen oder das Problem, das durch den Change reduziert wird, gilt es gerade bei gravierenden Änderungen deutlich zu machen. Die zweite Frage, die wir platzieren, bezieht sich auf den oder die Anwender*in: What’s in for me? Also: was hat er oder sie davon, sich auf die Veränderung einzulassen. Und die dritte und genauso wesentliche Frage von Betroffenen, die Umstrukturierung erleben, lautet: Wie werde ich während der Zeit der Veränderung behandelt? Wie gehen Vorgesetzte und Kolleg*innen mit mir um?

Die oben erwähnten niederösterreichischen Pflege- und Betreuungszentren, die auf Langzeitpflege spezialisiert sind, haben sich diesen Fragen gestellt. Antworten, die sie gefunden haben, flossen direkt in das Briefing der Software-Partner*innen ein. Ein nicht einfacher Weg, wie Sabine Lechner, Leiterin des Department Entwicklung, Strategie und Qualität Langzeitpflege (PBZ, PFZ), berichtet. Doch der Austausch darüber, ob durch die Anwendung wirklich mehr Zeit für die Pflege des oder der Klient*in gewonnen und die Pflege- und Betreuungsqualität gesichert wird, machte sich bezahlt. Die laufende Einbeziehung der Mitarbeitenden vor dem IT-Einsatz im Echtbetrieb war überdies erfolgsentscheidend für die Einführung der digitalen Pflegedokumentation.

Vom Change Agent bis zum SuperUser

Was macht ein Change Agent eigentlich und was ein SuperUser? Zwei Begriffe aus dem Change Management, die für die Akzeptanz von Veränderungen sorgen können.

Vom wem holen Sie sich bei Veränderungen Informationen? Von der Organisationsspitze, aus dem Intranet oder gehen Sie der Gerüchtebörse nach? Alle, die mit Change Kommunikation zu tun haben, wissen, dass es zwei „Best-of“-Wege für Mitarbeitenden gibt: der*die direkt Vorgesetzte und den Flurfunk. Gerade letzteres dem Zufall zu überlassen, ist fahrlässig und kann ganz einfach auf eine organisierte, strukturierte Ebene gehoben werden.

Change-Agents sind ausgewählte Mitarbeiter*innen der Organisation, die vom Wandel direkt betroffen sind. Sie kommen aus unterschiedlichen Bereichen der Organisation, aus verschiedenen hierarchischen Lagern und bilden im Idealfall die Organisation repräsentativ ab. Ihre Aufgabe ist es, in einem Wandelvorhaben für einen begrenzten Zeitraum die Kommunikationsabteilung zu unterstützen, für Sorgen erste Ansprechpersonen zu sein und Fragen aufzunehmen, die die Belegschaft umtreiben. Sie haben in der eigenen Peergroup die größte Akzeptanz. Sie dürfen durchaus auch aktiv ihr eigenes Umfeld ansprechen und Sorgen – natürlich anonym – aufnehmen.

Gerade in der Repräsentativität der Organisation liegt die Stärke dieses Tools: Lehrlinge sprechen mit Lehrlingen, Mitarbeitende in Altersteilzeit mit jenen, die in der gleichen Phase sind. Eine örtliche Nähe kann ebenso hilfreich sein, daher sind Change Agents auch nicht nur in den Headquarters einzusetzen, sondern gerade auch in Filialen und weiteren Niederlassungen. Diese Personen haben für uns eine weitaus höhere Glaubwürdigkeit als jede andere Kommunikationsform, denn Menschen aus dem gleichen Kreis haben die gleichen Erfahrungen gemacht, haben die gleichen Sorgen oder Vorfreuden und verstehen die Bedürfnisse.

SuperUser werden in der digitalen Transformation häufig eingesetzt. Das sind Personen, die zusätzlich zu ihrer eigenen Aufgabe in Programmen oder im Handling neuer Technologien besonders geschult werden. Sie erhalten Trainings und eine Vorbereitung, um bei Fragen aus dem Team unterstützen zu können. Mit viel technologischem Wissen ausgestattet, helfen sie bei Unsicherheit, bei Anwendungsproblemen oder erklären einfach die neuen Schritte in ihrem Team, an ihrem Standort und zu ihren Kolleg*innen nochmals.

„Für die Realisierung der digitalen Pflegedokumentation in der NÖ Landesgesundheitsagentur wurden SuperUserInnen und KeyUserInnen geschult“, erklärt Sabine Lechner, Leiterin des Department Entwicklung, Strategie und Qualität Langzeitpflege (PBZ, PFZ) bei einem Sommersalon im impulsbüro am 25. Juni 2024. „Das sind Pflegekräfte, die sich freiwillig gemeldet haben, die technisch geschult wurden und Kolleg*innen helfen. Bei jeder Frage zur digitalen Pflegedokumentation versuchen zunächst die SuperUser*innen eine Antwort zu geben. Wissen sie nicht weiter, leiten sie die Fragen an die KeyUser*innen, Personen, die ebenso in der Langzeitpflege tätig sind. Erst wenn auch hier die Unklarheit weiter besteht, wird die Softwarefirma befragt.“

Und wie wird man Change Agent, SuperUser oder KeyUserin? Sabine Lechner berichtet, dass sie diese Frage ganz einfach löst: „Wir fragen einfach offen alle in einem Aufruf, wer möchte diese Funktion erfüllen. Und es ist ganz großartig, dass wir immer mehr Bewerbende haben, als wir brauchen.“