Wir schreiben April 2021. Apple und Google geben ihre Rückkehrpläne aus dem Home-Office für die Belegschaft geltend ab 1. Juli 2021 bekannt. In einem internen Google-Memo an die amerikanischen Mitarbeiter*innen etwa wurde verlautbart, dass sie mindestens drei Tage pro Woche in die Büro zurück zu kehren haben und alle, die nach dem 1. September mehr als 14 Tage pro Jahr remote arbeiten wollen, einen Antrag stellen müssten. Ähnlich lautete die Apple-Vorgabe an die Mitarbeitenden, die an Montagen, Dienstagen und Donnerstagen ab Herbst in die Büros zurück kommen sollten – was mit einer Kündigungswelle quittiert wurde. (Mehr hier.)
Nach einem Aufschrei unter der Belegschaft haben beide Firmen zurückgerudert und neue Vereinbarungen geschaffen.
(Mehr in diesem CNN-Bericht)
Wie kam es zu diesem Vorstoß und seiner Rücknahme? Bei den Unternehmen waren alle Führungskräfte (also mehrere tausend Menschen) an der Entwicklung der Rückkehr-Regelungen beteiligt. Ihnen ist der Wunsch der Angestellten nach flexibler Arbeitszeit und -form, nach remote work, nicht aufgefallen. In einem offenen Brief der Mitarbeitenden heißt es: „Over the last year we often felt not just unheard, but at times actively ignored…“ Als gäbe es eine Trennung zwischen dem Führungsteam und den Mitarbeiter*innen, eine gläserne Decke der Nicht-Kommunikation und des Nicht-Verstandenwerdens.
Die Verhaltensökonomie hat eine Erklärung dafür und nennt das den Ankereffekt. Menschen – in unserem Fall Führungskräfte – haben sich bei ihrer Entscheidung stark von den unmittelbaren Umgebungen und eigenen Wünschen leiten und lenken lassen, ohne das zu bemerken. Sie haben eigene Annahmen als Basis weiterer Überlegungen – als „Anker“ – genutzt. An ihnen orientierten sie sich für die Ausarbeitung der Pläne und für Entscheidungen. Im Beispiel Apple und Google kam es zu einer systematischen Verzerrung der Sichtweise in Richtung des Ankers. Deshalb: Raus aus dem eigenen (Führungs-)Kreis und zuhören. Wirklich zuhören! Mehr dazu im Artikel „Angst vor echter Transformation?“