Archiv für den Monat: September 2025

Gender Data: Warum sie wichtig sind

Unsere Organisationen werden nicht absichtlich frauenfeindlich gestaltet. Aber manchmal werden Frauen nicht mitgedacht. Vor kurzem war ich mit einer Kollegin bei einem Industriebetrieb, der weitaus mehr Arbeiterinnen als Arbeiter beschäftigt. Dennoch waren die Maschinen auf die männliche Größe genormt und die Anzahl der Waschräume und Toilett-Anlagen war zwischen Frauen und Männern exakt gleich. Was dazu führt, dass Frauen beim Umziehen warten mussten, Männer nicht. In der gleichen Woche wünschte sich eine Bildungseinrichtung mehr Frauen, die sich für Spitzenpositionen bewerben und die anscheinend nicht zu finden sind.

Zwei von vielen Beispielen, wie Frauen anders mitgedacht werden müssten: im beruflichen Alltag, beim Recruitingprozess und beim Ansprechen für Förderung. Dieser „unbeabsichtigten Diskriminierung“ kann man gut entgegenwirken: mit Evidenzen und dem Erheben von Zahlen. Wenn wir anfangen zu fragen: Für wen wurde das entwickelt? Und: Wer wurde vergessen?

Viel Statistik steck in jenen Kennzahlen, die in den Organisationen vorhanden sind: die Verteilung nach Geschlecht in allen Unternehmensbereichen, der Anteil weiblicher Führungskräfte, Beförderungen und Neueinstellungen sowie die Fluktuation nach Geschlecht. Erhebungen, ob sich mehr Männer oder Frauen bewerben, oder wieviel Männer bzw. Frauen Schulungsangebote in welchem Zeitausmaß in Anspruch nehmen, wären meist machbar.

Qualitative Verfahren wie Interviews, Fokusgruppen oder Beobachtungen unterstützen die Analyse von Rollenbildern, Machtstrukturen und Diskriminierungserfahrungen. Dieser Prozess, oft als Gender-Scanning bezeichnet, bindet die Belegschaft aktiv ein.

Daten sind aber nur so gut wie das, was man damit macht: Nach der Datenerhebung braucht es eine sorgfältige Auswertung, um Ungleichheiten sichtbar zu machen. Und die Planung von zielgerichteten Maßnahmen zur Förderung von Gleichstellung und Inklusion. Auf Basis fundierter Zahlen können Verantwortliche andere und tiefere Einblicke in ihre Organisation bekommen und nachhaltig Veränderungen gestalten.

Sodexo – Mehr Erfolg durch Gender-Daten Das Unternehmen Sodexo hatte mit Gender Data Erfolg: Durch kontinuierliches Sammeln und Auswerten von Gender-Daten stieg der Anteil weiblicher Beschäftigter von 17 Prozent auf 55 Prozent. Als Folge konnte Sodexo einen Anstieg des Bruttogewinns um 23 Prozent verzeichnen und das Unternehmensimage verbesserte sich um 5 Prozent. Gender-Daten ermöglichten es Sodexo, gezielt Programme zur Förderung von Frauen zu entwickeln und Fortschritte messbar zu machen.

Der Weg zu gendersensiblen Meetings

Gegen Manterrupting und für Teilhabe

Wir sprechen von Meetingkultur, von effizienten Sitzungen – aber sprechen wir auch von Teilhabe? Von Sprechanteilen? Von Zuhörverhalten? Gendersensible Meetings sind kein „Nice to have“. Sie sind der Schlüssel für bessere Ergebnisse – und für eine gerechtere Arbeitswelt.

Wer in Sitzungen regelmäßig unterbrochen wird, äußert sich irgendwann gar nicht mehr. Und wer nie gehört wird, zieht sich innerlich zurück. Männer unterbrechen Frauen in Gesprächen deutlich häufiger als umgekehrt. Diesen „Manterrupting“ genannten Effekt belegt ua eine Studie der George Washington University. Männer und Frauen werden in jeweils dreiminütigen Gesprächen beobachtet. Das Ergebnis: Männer unterbrachen ihre weiblichen Gesprächspartnerinnen im Schnitt 2,6 Mal pro Gespräch, während Frauen Männer durchschnittlich nur einmal unterbrachen. Bei Gesprächen unter Männern lag die Zahl der Unterbrechungen bei etwa zwei (mehr dazu im Artikel von Anne Shoemaker “Manterrupting: How To Take Your Power Back” und im Forbs-Artikel “Gal Interrupted, Why Men Interrupt Women And How To Avert This In The Workplace”). Weitere Details zur Methodik und den exakten Zahlen finden sich auch in der wissenschaftlichen Zusammenfassung von Arin N. Reeves (“Mansplaining, Manterrupting & Bropropriating: Gender Bias and the Pervasive Interruption of Women”, 2015)  

Eine Untersuchung an der Northwestern University ergab, dass männliche Richter des US-Supreme Courts ihre Kolleginnen etwa dreimal so häufig unterbrechen wie ihre männlichen Kollegen. Die Studie analysierte 15 Jahre an Protokollen aus dem Supreme Court und zeigte, dass rund 65% aller Unterbrechungen weiblichen Richtern gelten, obwohl sie deutlich weniger als ein Drittel des Gerichts stellen. Eine Zusammenfassung und aktuellen Vergleich können Sie in diesem Artikel nachlesen.

Was es braucht, damit alle wirklich mitreden können

Klare Regeln und eine Evaluierung dieser Regeln sind der erste Schritt zu gendersensiblen Meetings. Antworten auf diese Fragen können helfen:

  • Wer spricht in Diskussionen wie lange?
  • Wer wird zu Präsentationen eingeladen und bekommt wieviel Zeit dafür?
  • Wer wird unterbrochen, wie oft und und von wem?
  • Wer bekommt welche Tasks aus dem Meeting und wer keine?
  • Wer verfasst das Protokoll, wer übernimmt Organisation eines Meetings und wer hat die Leitung?

Die Evaluierung kann ganz einfach während des Meetings passieren: Fangen Sie mit „Stricherllisten“ an und besprechen Sie diese im Kreis der Teilnehmenden. Was lernen Sie daraus für das nächste Meeting? Die bewusste Steuerung und Einflussnahme in Meetings kann ein idealer Anfangspunkt für eine (gender-)sensible Unternehmenskultur sein.

Nicht zu vergessen ist auch der digitale Raum: Das IHS untersucht derzeit digitale Meetings aus der Genderperspektive und wer hier wie gehört, unterbrochen oder ignoriert wird. Im Projekt unter Leitung von Laura Wiesböck entstand ein Leitfaden für Geschlechtergerechtigkeit in Online-Meetings, der hier zur Verfügung steht: Website des Projekts.

Neun Destinationen und nur einmal reisekrank

Zwei Jahre, 42 Teams und 25 Termine. impulsbüro. unter Gerhild Deutinger und Magdalena May begleiteten Helvetia Versicherung bei einer wahrhaft spannenden Reise in deren Purpose-Welten. Das Ziel war es, die Werte zu vertiefen und auf den eigenen Alltag zu „übersetzen“.

Wir haben mit den Teams neun verschiedene Destinationen in Form von Interventionen besucht. Diese erlaubten, den Blick in andere Welten außerhalb der eigenen Komfortzone zu werfen, um sich anschließend besser mit der eigenen zu befassen. So waren wir in Tirol beim Trommeln, in Wien im Untergrund unterwegs und in Oberösterreich durften wir eine Sterbebegleiterin alles zu ihrem Umgang mit Endlichkeit fragen. Berührend, aufrüttelnd, neu.

Nur das Eintauchen in digitale Räume hat bei vielen den Wunsch nach Auftauchen ausgelöst: manche litten an der VR-Krankheit, auch Motion Sickness genannt. Eine Art Schwindel, da die Augen Bewegung wahrnahmen, während der Körper stillstand. Wir haben also noch eine lange Reise vor uns, bevor wir kopfüber in neue Welten springen können.