Archiv für den Monat: Januar 2025

Schnelles einschreiten bei Mikro-Aggressionen

Was Mikro-Aggressionen mit dem Firmenklima zu tun haben und warum Führungskräfte dagegen aktiv auftreten müssen

Eine Mitarbeiterin, die den neuen türkischen Kollegen Uğurcan konsequent falsch ausspricht. Der Chef, der den Buchhalterinnen lang und breit erklärt, wie sie die Verbuchung korrekt machen sollen. Der Vorarbeiter, der Witze über Behinderte reißt, seit die Fabrikshalle barrierefrei umgestaltet wird.

Mikroaggressionen sind kleine, subtile Formen von Diskriminierung. Sie können gegen Frauen, Menschen aus anderen Ländern oder Religionen, Personen mit Einschränkungen oder besonderen Merkmalen auftreten. Stets gleich ist ihnen die Machtdemonstration und die Ausgrenzung bestimmter Personen oder Personengruppen.

Da sie oftmals „en passant“ in halblauter Hörweite ausgesprochen werden oder im informellen Kreis, ist das Einschreiten gegen Aussagen oder Verhaltensweisen schwer. Ebenso ihr Gewöhnungseffekt, der dann in Aussagen mündet wie „So ist er oder sie halt…“, wenn Mikro-Aggressionen von immer gleichen Personen getätigt werden.

Diese Mikro-Aggressionen belasten nicht nur jene, die damit direkt konfrontiert sind; sie erleben damit (laufend), nicht Teil der Arbeitsgemeinschaft zu sein. Auch jene, die ihnen indirekt ausgesetzt sind, werden unterwandert: mit Bösartigkeit und Zynismus in Spaltungsabsicht. Darunter leiden Organisationsklima, Beziehungsarbeit und letztendlich auch Produktivität von Teams. 

Aus diesem Grund müssen Führungskräfte neben ihren vielfältigen Aufgaben auch noch Antidiskriminierungsarbeit leisten: das heißt, frühzeitig einschreiten, Klarstellen, dass ein Witz, eine Aussage, eine Bemerkung… keinen Platz in dieser Organisation haben. Grenzen setzen, wenn andere sie überschreiten – das geht beim ersten Mal einer wahrgenommenen Mikroaggression sogar weitaus besser, als wenn sich Gruppen an einen bestimmten Ton gewöhnt haben. Dann kann das Klima nämlich schon vergiftet sein.

Bildquelle: Chat GPT 4o (Jänner 2025)

Raus aus der Endlosschleife des Negativen

Fit für Transformationen durch Akzeptanz und positives Verstärkern

Vor kurzem hörte ich das Interview mit einer Politikwissenschafterin. Sie bemerkte, dass politische Parteien (weltweit) derzeit Pessimist*innen als erste Zielgruppe adressierten. Wer aber spricht die Menschen mit positiver Grundhaltung, mit Zuversicht und optimistischem Blick an? Wie ist das in Unternehmen und Organisationen? Steht hier auch der Negativismus an erster Stelle und wenn ja, was bedeutet das? Grundsätzlich aus meiner Beobachtung wird in Organisationen viel getan, um den so genannten Purpose zu heben – den (eher positiv besetzten) Sinn und Zweck der Firma. Gleichzeitig wird auf individueller und Teamebene wenig getan, negative Grundhaltung von Mitarbeitenden zu bearbeiten. Gerade das ist in Transformationszeiten aber wichtig: wenn wir laufend verstärken, was uns Angst macht oder uns ärgert, dann schöpfen wir daraus wenig Kraft für Veränderungen. Wenn jede noch so kleine Änderung als Vorbote etwas großem Schrecklichem gesehen wird, wie können wir eine Neuorientierung da bewältigen?

Zusammenhang zwischen Akzeptanz und psychischer Gesundheit

Jede*r einzelne Mitarbeitende und jedes Team kann die Endlosschleife des Negativen durchbrechen. Einzelne durch Akzeptanz statt Beurteilung. Das haben Forschende 2018 in einer Langzeitstudie festgestellt, die Sie hier nachlesen können: Akzeptanz hilft, weniger negative Emotionen als Reaktion auf Stressfaktoren zu erleben. Die Akzeptanz negativer mentaler Erfahrungen führt langfristig zu besserer psychischer Gesundheit. Das heißt im Unternehmenskontext nicht, keine Kritik mehr zu äußern. Es heißt vielmehr, die rückwärtsgerichtete Sichtweise – „das hat noch nie funktioniert“ – abzustellen.

Führungskräfte können das unterstützen, indem „Fehler“ der Vergangenheit als Lernchancen und Erfahrungslernen geschätzt werden.

Akzeptanz beendet den Negativismus des Einzelnen während gemeinsame positive Erinnerungen das Team stärken. Durch gemeinsame Retrospektiven, die in der Rückschau das Morgen planen, können Teams sich selbst stärken und für Veränderungen fit machen. Eine diese Retro-Formen, die Starfish-Methode habe ich in diesem Beitrag näher beschrieben.

Ford BQ, Lam P, John OP, Mauss IB. The psychological health benefits of accepting negative emotions and thoughts: Laboratory, diary, and longitudinal evidence. J Pers Soc Psychol. 2018 Dec;115(6):1075-1092. doi: 10.1037/pspp0000157. Epub 2017 Jul 13. PMID: 28703602; PMCID: PMC5767148.

Bildquelle: Chat GPT 4o (Jänner 2025)