Archiv für den Monat: Dezember 2016

Eine Karriere kann viele Richtungen haben

Das Wort Karriere bedeutet dem Wortsinn nach „Fahrstraße“ (lateinisch carrus „Wagen“). Der Begriff im exakten Sinne bezeichnet also jegliche berufliche Laufbahn, ganz gleich ob sie als Auf- oder Abstieg wahrgenommen wird, egal ob als langsames Dahingleiten oder mit Abkürzungen und Umwegen. Dennoch denken wir Karriere immer noch als Kontinuum in einer Organisation oder Branche von einer Ebene in eine hierarchisch nächst höhere. Jede Unterbrechung bezeichnen wir als Karriereknick. Statt ungewöhnliche, neue Formen als Karrierekick zu sehen. Vom Manager, der sich drei Jahre als Lehrer in Brennpunktschulen anstellen ließ. Oder der Pressesprecherin, die ihren stressigen 60-Stunden-Job auf 20 Stunden reduzierte, um sich der Schauspielerei und dem Verfassen von Büchern zu widmen. Was ist Ihre berufliche Fahrstraße? Wo wollen Sie ankommen? Und macht es nicht manchmal Spaß, am Straßenrand anzuhalten und die wunderbare Landschaft einfach nur zu genießen? Vielleicht gibt die Pause nämlich den Blick auf einen viel spannenderen Weg frei, den Sie sonst nicht erblickt hätten.

Hat Peter immer noch recht?

1969 erschien ein Buch mit dem Titel The Peter Principle, das heute zu den Klassikern der nordamerikanischen Managementliteratur zählt. Darin stellt der Autor und Psychologe Laurence J. Peter die These auf, dass in komplexen Hierarchien Mitglieder so lange befördert werden, bis sie das Maß ihrer absoluten Unfähigkeit erreicht haben. Sie kennen solche Fälle? Leider gibt es bis heute keine Zahlen, die Peters These belegen, sondern eher Beobachtungen und Erfahrungen. Was aber heute, knapp 50 Jahre später, bewusst ist: gute Leistungen in der bisherigen Funktion sind nicht automatisch die beste Voraussetzung für das Erklimmen der nächsten Sprosse auf der Erfolgsleiter. Wir wissen das aus dem Bildungssektor, dass die beste PädagogIn nicht zeitgleich die beste DirektorIn sein muss, und dennoch ist für den Management-Job DirektorIn pädagogische Qualifikation die wichtigste Voraussetzung. Solange wir in einem Stufenbau von Karriere denken, die von der Fach- und Expertenebene ins Management führt, wird sich hier nichts ändern. Eine neue Sichtweise und Wertschätzung jeder Ebene für sich, ist ein Muss der heutigen Zeit.

Karriereleiter heimlich abgebaut

2007 schuf der Künstler Peter Lenk eine 16 Meter hohe Skulptur für die Fassade der Investitionsbank Berlin IBB. Er nannte sie „Karriereleiter“, zu sehen drei Figuren mit Aktentaschen, die sich abmühen, nach oben zu gelangen – und sich dabei gegenseitigen behindern. Eine Urfassung dieses Werkes steht in Konstanz auf dem leider nicht öffentlich zugänglichen Firmengelände von Siemens. In der Nacht zum 1.11.2012 ließ die IBB die Skulptur entfernen, “weil sie keine gute Visitenkarte darstelle”. Der Künstler klagte auf Wiederherstellung des Werkes. Gerüchte darüber, das Kunstwerk sei abgebaut worden, weil die oberste Figur auf der Leiter Ähnlichkeit mit einem neuen Vorstand habe, wurden natürlich zurückgewiesen.

Kreise statt Hierarchie

Keine Vorgesetzten mehr, keine Positionen und keine Titel. Wenn alle MitarbeiterInnen gleich sind und statt in Abteilungen in Kreisen und in Rollen arbeiten, nennt sich das Holacracy. Der Ansatz stammt aus den USA und wurde vom Unternehmer Brian Robertson in seiner Software-Firma erfolgreich erprobt und umgesetzt. Holacracy arbeitet statt in Abteilungen oder Bereichen mit Kreisen, die befugt sind, selbst Entscheidungen zu treffen. In einem Kreis arbeiten Teammitglieder, die eine oder mehrere Rollen einnehmen können. Über verbindliche Kooperationsregeln und genau definierte Meetingprozesse stimmen sie sich mit anderen Kreisen und Rolleninhabern ab. Dieser Ansatz soll die Eigenverantwortung jeder/s einzelnen MitarbeiterIn erhöhen und die Selbstorganisation von Teams, also von Kreisen deutlich steigern. Die Umstellung von einem klassisch hierarchisch geführten Unternehmen zu einem Holacracy-Unternehmen ist jedoch nicht trivial und kann mitunter zu unerwünschten Nebenwirkungen führen. Wie ein Artikel von Markus Brinsa zeigt: Zukunftsinstitut

Ende, Wende, Neuanfang?

Die traditionellen Bildungs- und Arbeitsbiografien gibt es nicht mehr, meint Johanna Zugmann, vielen bekannt als Ressortleiterin des Karriereteiles zunächst bei „Der Standard“ später bei „Die Presse“ in ihrem 2015 erschienenen Buch „Karriere neu denken“. In einer ihrer Kolumnen meinte sie einmal, „mit einem Karrieristenkonzept, das den Kontostand zum Maß aller Dinge macht, lässt sich weder für Menschen noch für Unternehmen Zukunft bauen.“ Sprachs und machte einen Master in Gastrosophie. Sich immer wieder neu erfinden, das könnte ein Erfolgsrezept der Zukunft sein. Vorgemacht hat es etwa der ehemalige Unternehmensberater Bastian Wilkat, der als „professioneller Flaneur“ tätig ist. In seinen Blogs möchte er intellektuelle Reisen unternehmen. Er sucht Antworten auf Fragen, die nie gestellt wurden, und möchte sich und die Zuhörer treiben lassen, um so frei und offen für Neues zu werden: Karrierebibel