Archiv des Autors: Gerhild Deutinger

Gestik in analogen und virtuellen Meetings

Sie kennen sicher das Spiel „Schere-Stein-Papier“.

Es wird von zwei Spieler*innen mit Handzeichen gebildet und gehört zu jenen Spielen weltweit, die unabhängig von Sprache oder Geschlecht und Alter immer gleich gespielt werden.

Diese internationalen Handzeichen, die wirklich jede*r versteht, sollten wir uns auch bei Moderationen mehr und mehr zu Nutze machen: egal ob bei Meetings im Büro oder noch mehr bei virtuellen Sitzungen. Ein Beispiel aus dem Teambuilding: Eine Hand heben bedeutet „ich will was sagen“, zwei Hände heben „ich will zum Vorredner einen Kommentar abgeben“ oder bei Online-Konferenzen beide Arme leicht anheben und in der Luft neben dem Gesicht die Hände aus dem Gelenk drehen, bedeutet Zustimmung, ähnlich dem Applaus bei der Gebärdensprache.

Wichtig ist bei dieser neuen „Sitzungs-Gebärdensprache“: das Team muss eindeutig wissen, was welche Gestik bedeutet. Denn auch nonverbale Zeichen können Missverständnisse auslösen. Inspirationen für Moderationszeichen und damit für produktivere Meetings finden Sie hier.

Johann und die digitale Transformation

Johann ist Hausmeister. Einer der letzten seiner Zunft.

Seit einiger Zeit hat er ein Tablet, das ihm von der Hausverwaltung übergeben wurde. Er solle damit Schäden an den Gebäuden fotografieren und jeweils ein Ticket für deren Behebung lösen. Johann hat auch einen Kurs besucht und gelernt, wie all die Apps am Tablet zu bedienen sind. Er soll demnächst sogar seine Arbeitszeiten digital eingeben. Leider vergisst Johann das Tablet oft und versucht am Abend mühsam die Daten nachzutragen. „Wo soll ich das Ding denn einstecken, wenn ich arbeite?“, entschuldigt er sich.

Johann, der Hauswart, ist einer der Betroffenen einer digitalen Transformation. Es könnte auch Konstantin, der Rechtsanwalt hier beschrieben sein oder Marlies, die Verwaltungsbeamtin.

Bei Johann hat sich mit dem digitalen Endgerät seine Arbeitswelt verändert ohne, dass er dessen Tragweite erkannte bzw. darüber informiert wurde. Johanns Arbeit, Schäden bei Immobilien zu entdecken, bleibt. Jedoch die Suche nach Handwerkern, die Kontaktaufnahme und deren Koordination fällt weg. Und damit auch viel Kommunikation, wie Preisverhandlungen oder das Plauscherl mit den Handwerkern. Natürlich hat Johann einen Kurs zur digitalen Kompetenzerweiterung bekommen; der Aspekt der Kulturveränderung ist dadurch nicht abgedeckt.

Streichen Sie digital für gute Transformationen

Meine Empfehlung, wenn Sie in oder vor einem Projekt zur digitalen Transformation stehen: Denken Sie die digitale Transformation ohne das Wort „digital“. Transformationen sind dann erfolgreich, wenn Sie Betroffene einbinden, wenn Akzeptanz und Neugierde gefördert werden, wenn Sie Fragen, Sorgen und Befürchtungen im Dialog klären. Digitalisierungsprojekte sollen aus meiner Sicht nicht durch die IT-Brille gesteuert werden, denn sie sind erfolgsabhängig von der Akzeptanz der Betroffenen. Jede digitale Transformation ist zuallererst eine Veränderung, die Unruhe auslöst und erst in zweiter Linie ein technisches Projekt. Denn das Wesen der digitalen Transformation ist Kommunikation.

Nicht-Entscheidungen: „Kopfkino“ in Organisationen

Kennen Sie das? Sie können sich einfach nicht entscheiden.

Besser die weiße Bluse oder den grünen Blazer? Dem neuen Jobangebot zusagen oder im bisherigen bleiben? Diese Nicht-Entscheidung kurz „FOBO“ (fear of better option/offer) beschreibt die Angst, eine Entscheidung zu treffen, die nicht optimal ist. Es könnte ja eine bessere kommen. Denn jede Option, die eine Person oder Organisation wählt, eliminiert die anderen.

Zunehmend verbreitet sich dieses Nicht-Entscheiden aus meiner Wahrnehmung auch in Organisationen und Teams. Die Pandemie könnte das verstärkt haben, da eine Vielzahl von Entscheidungen kurzfristig zu treffen waren und nun die langfristig strategischen Weichen auf neuem Fundament gefällt werden müssen.

Mit jeder Entscheidung bringt eine Organisation „auch zum Ausdruck (…), wie man die Zukunft sieht“, so der Universitätsprofessor und Autor Stefan Titscher. Sein Buch „Entscheidungen: umsetzen“ vom Verlag facultas, lege ich allen, die jetzt im Herbst vor weitgehenden strategischen Weichenstellungen stehen, ans Herz. Nicht nur wegen der besten „mathematischen“ Formel, die ich dort kennenlernen durfte: EE = f (EQxIQ). Der Erfolg einer Entscheidung (EE) ist von der Qualität des Entscheidungsprozesses (EQ) und der Qualität der Implementierung (IQ) – also der Umsetzung bestimmt.

„Eisessen“ – die Zukunft der informellen Kommunikation

„In der Kaffeeküche spielt die Musik.“

So drückte es der Verständlichkeitsforscher Benedikt Lutz einmal aus und meinte damit, dass an sozialen Orten in den Organisationen Meinungen gebildet und gefestigt werden. Allerdings war das in Pre-Corona-Zeiten. Wo findet dieser informelle Kulturaustausch heute statt? Wo sind in der Welt zwischen Home-Office und Büro die Lager- und Umschlagplätze für die Beziehungsarbeit?

Wenn sich Kolleg*innen kaum mehr zeitlich überschneiden und deshalb keine gemeinsame Mittagspause haben oder die Geburtstagswünsche nur mehr via Mail erhalten, leidet über kurz oder lang das Teamgefüge. Denn gerade in turbulenten Zeiten wie diesen, brauchen wir Bestätigung und das Gefühl von Gemeinsamkeit mehr denn je genauso wie kurze, schnelle Abstimmungen ohne langen Chat-Austausch.

Wie könnte nun die Zukunft der informellen Kommunikation aussehen? Wahrscheinlich werden wir informelle Momente stärker organisieren müssen oder zumindest initiieren, damit sie die Chance haben, sich in einem Team selbst zu organisieren. Das kann, muss aber nicht Aufgabe der unmittelbaren Führungskraft sein. Ab und zu ein Mail mit einer Frage in die Runde wer zum Lunch mitkommt oder am Nachmittag ein Eis im Büro genießen will, kann ein Anstoß sein. Die Aktivität ist natürlich nur für jene relevant, die vor Ort sind, angesprochen sollen aber alle werden. Durch die neuen Regelungen zwischen Standort- und Home-Office-Zeiten ist es wichtig, diese Initiativen zeitlich flexibel zu halten, um jede*n einmal pro Woche zu erreichen. Ein Foto der informellen Aktivität für alle im Team kann Lust auf mehr machen.

Ja, aber …

Ein kleines Wort, das Sie besser aus Ihrem Wortschatz streichen sollten

Wie oft denken oder sagen Sie „Ja, aber…“? Oder hören das als Auftakt eines längeren Vortrages in einem Meeting; von einer Person, die erklärt, warum eine Idee, ein Plan oder eine Strategie zwar gut gemeint, aber noch lange nicht gut ist.

In zwei Worten steckt eine ganze Welt, die sich widerspricht: „Ja“ als Zustimmung, als Bestätigung als Chance. „Aber“ als Einschränkung, als potenzielle Gefahr, als Fehler. Ja, aber-Denker*innen schränken sich selbst ein. Eigentlich will ich ja den neuen Job oder die Projektleitung. Aber bin ich dafür gut genug oder schaffe ich es wirklich? Ja, aber-Sprecher*innen machen andere und deren Vorschläge klein. Sie kritisieren indirekt durch signalisierte Zustimmung, um dann gleich das Haar in der Suppe zu finden und stolz zu präsentieren.

Dabei ist die Lösung ganz einfach: Ersetzen Sie das Wort „aber“ durch das Wort „und“. Diese kleine Änderung hat große Wirkung. Plötzlich wird aus einer Einschränkung eine Öffnung. Während das Aber klein macht, öffnet das Und einen neuen Möglichkeitsraum. Und Gespräche laufen besser ab, weil keiner der Kommunikationspartner*innen in eine Verteidigungshaltung gehen muss. Probieren Sie es aus – in ihrer Kommunikation mit sich selbst und beim nächsten Meeting!

Die „Plus“-Ambidextrie

Über die neue Gleichzeitigkeit bei Transformationen

Das Wort „Ambidextrie“ – aus der Medizin kommend, bedeutet, beide Hände gleich gut einsetzen zu können. In Organisationen bedeutet es, sowohl das Kerngeschäft gut abzusichern als auch das Neue, die Innovation voranzutreiben. Soweit noch nichts Neues, seit der Begriff der „Ambidextrie“ vor mehr als 40 Jahren von Charles O’Reilly (Stanford University) und Michael Tushman (Harvard University) in die Wirtschaft eingebracht wurde.

In unserem Frühstücks-Salon am 7. Juni 2022 diskutieren wir im Salon Breite Gasse mit unseren Gästen über neue Beobachtungen zu diesem frühen Begriff. Neu hinzu gekommen ist die Krisen- und Pandemie-Bewältigung, in der aktuell einige Organisationen stecken. Das Lernen aus zwei Jahren Corona ist vielfach noch nicht abgeschlossen. Der Ukraine-Krieg und seine Folge nicht absehbar. Für Führungskräfte bedeutet es, noch mehr Bälle in der Luft zu halten und zwischen Sicherheit-Geben, Unsicherheit-Aushalten und Reflexion zu jonglieren.

Für das Change-Management wird das große Auswirkungen haben, da die Linearität aufgehoben ist und gleichzeitig divergierende Werte und Ansichten in einer Organisation gelten. Veränderungen und Transformationen in Projektstrukturen und Abläufen zu denken, wird überholt sein. Organisationsentwicklerische Ansätze mit vielen Reflexionen und Adaptionen oder auch kurzen Sprints aus dem agilen Management scheinen damit mehr und mehr Einzug ins „klassische“ Change Management zu bekommen.

Was unsere Gäste diskutierten: Die divergierende Werte v.a. bei agilen und digitalen Transformationen brauchen neue Räume. Räume für den Austausch, für Klärungen, für das Sichtbarmachen der Unklarheiten. Es kann durchaus vorkommen, dass bisherige Prozesse und neue Prozesse zur gleichen Zeit gelten – und sich widersprechen. Das Aushalten-Können dieser ambidexten Phasen und das offen Kommunizieren darüber, wird eine neue Herausforderung für Führung darstellen.

Die Kunst des Fluchens

Hand aufs Herz: Wann haben Sie das letzte Mal geflucht?

Als der Computer oder eine Software nicht das gemacht hat, was Ihrem Wunsch entsprach? Oder als Ihnen der Bus, die Straßenbahn oder ein Zug vor der Nase davongefahren ist? Wir alle tun es – oder halten uns vornehm zurück, obwohl wir es gerne tun würden.

Dabei bestätigen Forschungen, die sich mit der Disziplin des Schimpfens und Fluchens befassen, positive Wirkungen. „Malediktologie“ nennt sich das Gebiet aus Psycholinguistik, Soziolinguistik und Psychologie, das sich mit der Wirkung des Schimpfwortgebrauchs befasst. Angeblich wird damit die Arbeitsatmosphäre verbessert; so empfehlen manche Forschenden unkonventionelle Sprache unter Mitarbeitenden zuzulassen, sofern diese niemanden diskriminieren. Denn die authentische Reaktion, die in einem Schwall Schimpfworte steckt, wirkt wie ein Ventil und kann psychische Anspannung lösen. Der Abbau von Stress und negativen Emotionen sowie schmerzlindernde Wirkungen werden dem Fluchen nachgesagt. Ebenso wie eine Förderung der Gruppenzugehörigkeit, wie die Linguistin Nicola Daly in ihrer Arbeit unter dem Titel „Rolle vulgärer Sprache für die Gruppendynamik“ festgestellt hat.

Mehr über die Malediktologie und zahlreiche Verweise auf Forschung finden Sie in diesem Artikel des Spektrum.

Moderations-Reigen

Der Frühsommer 2022 war bei uns im impulsbüro. von zahlreichen großen Moderationseinsätzen und -auftritten geprägt:

– Am Podium mit Rudi Anschober, der sein Buch Pandemia vorstellte. „Mein persönlichstes Buch bisher“, so der ehemalige Bundesminister im Gespräch mit Gerhild Deutinger.

– Beim mehrtägigen Symposium von Physio Austria zum Schwerpunkt Kommunikation. Von der interdisziplinären Kommunikation, die im Gesundheitswesen noch bedeutsamer wird, über achtsame Kommunikation bis Social Media. Wissen Sie etwa, was Debunking oder Pre-Bunking bedeuten? Mehr über das Symposium in einem filmischen Portrait von Markus Hechenberger -> hier

– Bei einem Netzwerktreffen im Rathaus Wien mit 100 anwesenden Elementarpädagog*innen und weiteren virtuellen Teilnehmenden. Sieben Trägerorganisationen kamen unter Federführung der Wiener Gesundheitsförderung erstmals nach der Pandemie zusammen und überlegten gemeinsam, wie Kinder, Eltern und Kindergarten-Teams gestärkt aus der Krise ins „neue Normal des Elementarbereichs“ gehen.

 

Fotos © WiG/Hloch und Physio Austria/Hechenberger

„Real New Work“: Wir suchen Mitarbeiter*in per 1.9.22

Gesucht für 20 Stunden/Wochen: Umsteiger*innen, Quereinsteiger*innen oder studentische Unterstützer*innen

Wir suchen ab 1. September 2022 für unsere Bürogemeinschaft eine offene, fröhliche, flexible und engagierte Assistenz und Moderationsbegleitung. Unser gut gelegenes Büro am Spittelberg arbeitet mit Herausforderung rund um Veränderungen, Führung und Diversität: bei Organisationen und bei Führungspersonen. Um alle Themen und Aufträge zeitlich gut zu bewältigen, benötigen wir operative Unterstützung: bei Seminarvor- und -nachbereitungen, bei Recherchen, bei der Wartung unserer Websites, Newsletters und Frühstücks-Salons, bei der Betreuung der Kunden, der Datenbanken und der Buchhaltungsvorbereitung.

Wie bieten eine hohe zeitliche Flexibilität, damit sich Ausbildung und Job ausgehen. Die Arbeitsumgebung ist modern und designed, die Atmosphäre freundschaftlich geprägt. Home-Office ist in Absprache möglich, Laptop wird gestellt.

Bisher waren wir als Sprungbrett für Quereinsteigerinnen in die Beratung sehr erfolgreich. Eine Mitarbeiterin, die eine Lehre im Gastgewerbe absolviert hat und vorher gekellnert hat, ist heute – nach drei Jahren impulsbüro. – mit einem Bachelorabschluss als Trainerin im Kommunikationsbereich aktiv. Eine Mitarbeiterin, die als Elementarpädagogin den Bildungsbereich gegen den Wirtschaftssektor wechseln wollte, ist nach 2 ½ Jahren demnächst als agile Projektmanagerin in einem internationalen Konzern tätig.

Passen unsere Vorstellungen zu Ihrer Lebens- und Arbeitssituation? Senden Sie ein paar Zeilen über sich an gerhild.deutinger@impulsbuero.at

Was ändert sich im „mixed mode“?

Hybrides Arbeiten ändert zuerst die Führung

Isabel leitet ein Team mit zwölf Personen. Zwei davon sind erst in der Pandemiezeit zum Team gestoßen und haben ein Online-Onboarding hinter sich: sie kennen nur wenige der Teammitglieder face-to-face. Drei Personen des Teams sind oder gehen demnächst in Altersteilzeit und möchten sooft wie möglich am Firmenstandort sein, weil sie sich selbst als „online-müde“ bezeichnen. Von den sieben anderen wollen zwei am liebsten 100% im Home-office arbeiten.

Um in einen guten „mixed mode“ zu kommen, bei dem ein Teil der Belegschaft am Standort der Organisation arbeitet und ein Teil bei Kunden oder zu Hause, müssen mehrere Fragen beantwortet werden: Wer arbeitet wann? Wie arbeiten die Teammitglieder miteinander? Zu welchen Zeiten überschneiden sich örtliche und zeitliche Präsenzen, um etwa Meetings anzusetzen? Für welche Arbeiten braucht es Austausch und wie kann dieser formell und informell hergestellt werden?

Unsere Empfehlung: Gehen Sie einen Schritt weiter, als nur die derzeit vordringlichen Zeitfragen zu stellen. Damit das neue Arbeiten in diesem mixed mode funktioniert, sollte Zusammenarbeit komplett neu gedacht und neu definiert werden. Betriebsvereinbarungen für Home-office reichen nicht aus. Sie sind ein guter neuer rechtlicher Rahmen, aber bringen Teams und Organisationen nicht in ein neues Arbeiten.

So kommen Sie ins neue Arbeiten

Führung, die den Change ins neue Arbeiten ernst nimmt, fragt nach zeitlich synchronen und asynchronen Aufgabe im Team. Sie klärt die Bedeutung des standortgebundenen Arbeitens und des Nichtstandortbundenen. Aus dieser Matrix definiert sie individuelle, bilaterale und teambezogene Aufgaben, die in die Zukunft weisen und streicht jene, die aus der Vergangenheit oder der Krisenbewältigung „übrig“ geblieben sind. Idealerweise passiert ein solcher Zukunftsprozess mit dem eigenen Team oder der ganzen Organisation. Daraus können Prämissen für das neue Arbeiten entstehen, die wiederum Anlehnung an agile Werte haben können. Diese stellen gegenüber, welcher Wert von Bedeutung ist und Vorrang gegenüber anderen hat. Voraussetzung dafür ist eine Führungsperson, die das neue Arbeiten als Change begreift und Veränderung zulässt. So wie Isabel, die zuerst die Beziehungen im Team vertieft hat, um das (wieder) Kennenlernen nach langer Absenz zu ermöglichen. Um im nächsten Schritt eine Neuausrichtung des Teams und seiner Aufgaben zu planen.