Archiv der Kategorie: Strategie & Organisation

In der Vereinbarkeitsfalle

Vom Fluch und Segen der Zeitflexibilität, von überkommenden Kulturmustern und wie HR gegensteuert

Der vierte Frühstücks-Salon des Team Breite Gasse von Martina Friedl und Gerhild Deutinger hatte aufgrund des zweiten Lockdown an Brisanz gewonnen: Wie gehen Organisationen mit dem Thema Vereinbarkeit um? Wie erleben Führungskräfte den Spagat von Work-Life-Family? Und wie können – im Sinne der Gesundheit der Mitarbeitenden – Konfliktpotenziale wie dauernde Erreichbarkeit oder Arbeit an Randzeiten nach Home-Schooling oder wenn Bandbreiten wieder offen sind aufgelöst werden?

Das Thema Vereinbarkeit selbst ist ja kein Neues. Schon vor der Pandemie mussten sich Singles, Paare, Familien und Organisationen die Frage stellen, wie sie die zur Verfügung stehende Zeit optimal aufteilen. Optimal so, dass weder die Arbeit noch die Familie noch das eigene Selbst – Stichwort Selbstfürsorge – zu kurz kamen. Die Balance war ohne Corona für manche schon schwer zu halten. Die beiden Psychologinnen (Masterstudierende an der Universität Wien) Magdalena Mayer und Maria Lena Mayer haben im Spätherbst 2019 potenzielle Copingstrategien von Zweiverdiener-Paaren untersucht (hier geht es zu den Folien). Ihre Ergebnisse zeigten, dass im „alten Normal“ eine Trennung zwischen Arbeit und Familie hilft, den Work-Family-Konflikt möglichst gering zu halten. Eine Trennung, die es für viele im Home Office seit März 2020 nicht mehr gab oder gibt.

Die beiden Wissenschafterinnen untersuchten weiters, welche Copingstrategie unter Stress welche Wirkung hat: eine hohe Familienorientierung („family first“) verschlimmert den Arbeit-Familien-Konflikt. Flexibilität als Strategie hat unter Stress einen verbessernden Effekt auf den Arbeit-Familien-Konflikt.

Vor diesem Hintergrund diskutieren wir mit über zwanzig Teilnehmer*innen in unserem Frühstücks-Salon, welche Wirkung Flexibilität in Zeiten des Lockdowns und danach haben kann. Die meisten Firmenvertreter*innen konnten über eine Zeitflexibilisierung während des ersten Lockdowns berichten: vom Abschaffen der Kernarbeitszeit zu vollkommenden offenen Zeitstrukturen bis hin zu Freistellungen für alle, die Kinder unter 14 Jahren betreuen mussten. Frauen haben zunächst diese Möglichkeiten mehr genutzt als Männer, was von einer Teilnehmerin als klassisches Rollenverteilungsmuster interpretiert wurde: „Männer arbeiten, Frauen arbeiten und betreuen“. Die Corona-Panels der Universität Wien zeigen ebenso einen Überhang der Care-Arbeit bei Frauen wie die Studien, die Martina Friedl beim Frühstücks-Salon zusammengefasst hat (-> hier zum Download). Kommen wir also in eine Re-Traditionalisierung?

Die Gefahr, dass das Instrument Freistellung Frauen nicht stärke und stütze, sind gegeben. Vor allem Frauen in Führungspositionen und Wissenschafterinnen fallen, wenn sie zeitliche Caring-Optionen ziehen, aus der internen und externen Wahrnehmung. Zeitflexibilitätwiederum führe bei sehr engagierten Mitarbeitenden dazu, dass die Überarbeitung zunimmt. Die ersten Beobachtungen der Zunahme von einer Burn-Out-Gefährungen liegen vor  (lesen Sie dazu auch den Artikel „Autonom durch den Nebel?“).

Beim Gegensteuern durch die Organisationen zeigen sich noch keine einheitlichen Muster. Denn jeder Maßnahme liegt eine unmittelbare Gefahr inne. In Deutschland setzt man seit längerem – wie bei unserer Diskussion – auf noch mehr Zeitflexibilität. Gleichzeitig neigen Organisationen dazu, Frauen die Zeithoheit zur Erfüllung ihrer Caring-Aufgaben zu übertragen und nicht für neue Projekte oder Herausforderungen. Die Forscherinnen Heejung Chung und Yvonne Lott der Universität Kent beobachten in der Erhöhung der Flexibilität bei der Arbeit eine neue / alte Durchsetzung traditioneller Geschlechterrollen und eine Erhöhung der Geschlechterungleichheit.

In der Diskussion unseres Frühstücks-Salons wurde weiters die Bedeutung der unmittelbaren Führungskraft herausgestrichen; sie kann und soll beobachtend und steuernd auf einzelne Teammitglieder einwirken. Zu hoffen bleibt, dass damit Führungskräfte nicht überfordert werden, vor allem nicht jene, die als Personen selbst mit einer Vereinbarkeitsproblematik leben müssen. Mehr dazu auch in unserem Artikel  Fürsorge im „next normal“. 

Empfehlungen für mehr zum Thema:

  • Am 9. Dezember 2020 veranstaltet die WU Wien eine Veranstaltung zum Thema verantwortungsvolles Führen. Mehr -> hier.
  • Testlauf für eine App namens „swoliba“, die Mitarbeiter*innen unterstützt, im Homeoffice produktiv zu arbeiten und die eigene Erholung nicht zu vernachlässigen. Informationen erhalten Sie in diesem -> Video
    Das Projekt wird in Zusammenarbeit mit dem Angestelltenbetriebsrat des Internationalen Flughafens Wien und der Forschungsgruppe INSO (Industrial Software) der TU Wien durchgeführt. Die Studie wird von der Arbeiterkammer Niederösterreich im Rahmen des Projektfonds Arbeit 4.0 gefördert. In dieser App findet sich eine Vielzahl an wissenschaftlich fundierten Strategien für die Arbeit im Homeoffice, die selbstständig in den Alltag integriert werden können. Der Testlauf ist für Personen und ganze Organisation möglich; die Erhebung startet im Jänner 2021. Nähere Infos Maria Magdalena Mayer (mayer@tuwien.at).

 

Fürsorge im „next normal“

Fürsorge für andere, Fürsorge für die Wirtschaft, das Klima und sich selbst. Hohe Anforderungen, die das nächste Normal ganz anders werden lassen könnten als das „alte Normal“.

„Caring Economy“. So nennt sich eines der Hoffnungsmodelle für das nächste Normal. Geprägt wurde der Begriff von der US-Wissenschaftlerin Riane Eisler und sie meint damit eine Wirtschaftsform, deren Ziel ein gutes Leben für alle ist. Wie kann das gehen und warum steht Fürsorge ganz oben?

Die Pandemie hat uns die Grenzen der Gesundheitsbranchen und des ewigen Wirtschaftswachstums deutlich gezeigt. Schon vor der Corona-Krise war der Klimawandel eines der Top-Themen, die nicht mit der notwendigen Konsequenz von Staaten und Unternehmen umgesetzt wurden.

Eisler schlägt deshalb vor, statt des Bruttoinlandsprodukts (BIP) eine neue Kennzahl einzuführen, die eines „Sozialen Wohlstandsindex“ . Dieser Index macht – anders als das (BIP) – die Rentabilität von Investitionen in Fürsorge für Mensch und Umwelt sichtbar. Das würde bedeuten, dass „Werte“ aus Fürsorge und Pflege für Familie und Gesellschaft wie auch Umwelt- und Klimaschutz berücksichtigt werden. „Care-Arbeit“ wie Familienfürsorge und Pflege werden nach ihrem Modell als eigener Wirtschaftszweig betrachtet und in Kennzahlen bewertet – genauso wie die Wertschöpfung aus Kommunen und Naturquellen.

Was ich an diesem Ansatz spannend finde, ist die Diskussion, was als „wirtschaftlich produktiv“ gilt. Das könnte auch ein Gedankenanstoß für Unternehmen sein. Nicht nur dem Außendienst die „Kennzahl wirtschaftlich produktiv“ zu geben, sondern – und ganz besonders – den Leistungen im Innendienst, die den Vertrieb möglich machen. Denn „wirtschaftlich produktiv“ ist es auch, wenn Führungskräfte sich Zeit für die Kommunikation, für das Zuhören und die Sorgen der Mitarbeiter*innen machen. Es ist wirtschaftlich produktiv, wenn sie Teamkonflikte frühzeitig besprechen, wenn sie Reflexionen anstoßen und für Motivation im Team sorgen.

Selbstfürsorge für Führungskräfte

Bevor sie all das leisten können, ist es auch „wirtschaftlich produktiv“, auf die eigene Gesundheit zu achten. Gesunde Führung beginnt bei den Führungskräften. Sind sie im Stress überträgt sich das auf das Team. Sie sind gereizt und angespannt, verengt sich ihre Aufmerksamkeit. Daher ist das bewusste Gegensteuern durch Selbstfürsorge nicht eine Empfehlung sondern eigentlich ein Muss. Jede Führungsperson muss die Möglichkeit haben, zu entspannen und auf die eigene Gesundheit zu achten. Dabei helfen die Fragen: Was tue ich für mich, was mir gut tut? Mit welchen Aktivitäten (oder welcher erlaubten Passivität) regeneriere ich mich und tanke ich auf? Was trägt, stützt und stärkt mich? Nur wenn Führungsverantwortliche zulassen, für sich selbst Zeit und Raum einzuplanen, dann können sie gut für andere sorgen. Und ein gutes Vorbild in der aktuellen Zeit der Unsicherheit sein.

Buchempfehlung

Riane Eisler: „Die verkannten Grundlagen der Ökonomie“. Im Original 2007 unter dem Titel „The Real Wealth of Nations“ in den USA veröffentlicht; jetzt in deutscher Übersetzung.

 

Disziplin, Vertrauen, Humor – die neuen Führungsparameter

Eine Nachlese unseres Frühstücks-Salon zur Frage, welche – langfristige – Wirkung Corona auf Führungskräfte und Führungskultur hat

Mitte Oktober 2020, also fast auf den Tag genau sieben Monate nach dem Lock Down, baten Martina Friedl und ich drei HR/PE/OE-Expertinnen mit Führungsverantwortung sehr unterschiedlicher Organisationen zum Interview: Wie ging es Führungskräften während der Pandemie? Welches Führungsverhalten und welche Strategie wendeten sie an? Und vor allem, was davon wird überdauern und langfristig in die Führungskultur eingehen? Karmen Frena, Leiterin Personalentwicklung, Diversitäts- und Gesundheitsmanagement beim AMS Niederösterreich, Maria Ekl-Jürgens, Leitung Human Resources & Organizational Development bei Licht für die Welt und Anja Graf HR Generalist bei Magna Global IT berichteten über ihre Beobachtungen, ihren eigenen Führungsalltag und notwendige Unterstützung der Führungsebenen.

Auf der Suche nach dem (neuen) Gleichgewicht

Nach mehr als einem halben Jahr Führen in Zeiten von Corona zeigte sich den Expertinnen eine Mischung aus – teilweise gleichzeitiger – Über- und Unterforderung. Die Überforderung am Beginn der Krise im März und April 2020 durch die Umstellungen von Prozessen und dem Einrichten des Home-Office wich einer inhaltlich-persönlichen Überforderung, weil sich ganz neue Themen wie Kurzarbeit, permanente Erreichbarkeit, fehlendes Selbstmanagement und ein noch größerer Bedarf an Kommunikation auftaten. Unterforderung ergab sich bei jenen, die aus systemerhaltenden Prozessen im wahrsten Sinne herausfielen. Auch die beiden Pole der Führung – Vertrauen auf der einen Seite oder Kontrolle auf der anderen – sind noch nicht geklärt und bedürfen sicher eines Nachschärfens. So berichten die drei Expertinnen auch davon, dass Prozesse und Aufgaben seit der Krise entweder (wieder) stärker an eine Zentrale gebunden werden oder ganz im Gegenteil die Organisation agil wird und dezentrale Steuerungsmöglichkeiten einbaut. Für die kommenden Monate bedeutet dies, dass Organisationen an einem neuen Gleichgewicht arbeiten müssen zu individueller Über/Unterforderungen, organisatorischer Zentralisierung/Dezentralisierung und auch der Suche nach passenden stabilisierenden Führungsparametern.

Diese Beobachtungen teilen wir als Beraterinnen. Dass das Gleichgewicht sehr fragil bei einzelnen Führungskräften wie bei ganzen Organisationen ist, zeigt sich in leisen Stressmomente. In diesen werden minimale Anpassungen oder Irritationen noch immer aufgeregt diskutiert; aus unserer Sicht, weil die Suche nach der neuen Führungsstabilität erst am Beginn stehen. Prozesse neu zu denken, sich von Altem zu verabschieden, Vertrauen in viele Hände und auf mehrere Schultern zu legen, sind mögliche Antworten darauf.

Was jetzt: flexibel oder diszipliniert?

Beides meinten unsere Interviewpartnerinnen, denn die neue Flexibilisierung braucht Disziplin. An zwei Beispielen – der Zeitflexibilisierung und der Klient*innen-Erreichbarkeit – wurde die Gleichzeitigkeit beider Faktoren beschrieben. Aus dem Home-Office mehren sich die Berichte über fehlende Zeitlinien: Wann ist man „nur mehr“ zu Hause? Ist Büro-Alltag auch noch schnell und flexibel nach dem Abendessen und vor allem was macht man mit der Zeit, die sonst für die Fahrt zur Arbeitsstätte und retour gebraucht wurde? Ist das die neue Arbeitszeit plus? So sinnvoll und wichtig eine hohe Zeitflexibilität während einer Krise war, so sinnvoll und wichtig ist es „im neuen Normal“ dafür Zeitregelungen aufzustellen. Zur Orientierung, zur Abrechnung und vor allem auch, um die Selbstorganisation zu stärken. Am Beispiel das Klient*innen-Orientierung aus einer Organisation wurde schnell klar, dass nicht alles, was online ginge auch optimal ist. Beratungen und Dienstleistungen, die Barrieren überwinden müssen (seien es sprachliche, alters- oder bildungsbedingte) brauchen den Menschen vis à vis. Nicht nur die technologische Innovation, sondern Beziehungsaufbau und -pflege (als neue alte Innovation) wird wohl die Zeit nach der Krise am meisten prägen.

Gibt es noch was zu lachen?

Ohne Humor keine Krisenüberwindung. Dieses Credo hörten wir und die vielen interessierten Teilnehmende unseres Frühstücks-Salons mehrfach. Eine positive Grundhaltung von Führungskräften macht das Leben im Team leichter. Und ist ansteckend, hilft gegen Vereinsamung im home-office und baut die wichtige Beziehungsbrücke zwischen den Teammitgliedern oder zwischen den Mitarbeitenden und den Kunden (wieder) auf. Es bedarf keines großen Aufwandes, sich gemeinsam etwas Lustiges anzusehen. Wie etwa jenen Gabelstaplerfahrer aus den Niederlanden, der über zwei Minuten lachend durch eine Halle voller Toilettenpapier fährt. Das Video finden Sie hier.

Agil ist da und Selbstfürsorge kommt

Aus unserer Perspektive als Organisationsberaterinnen sind uns einige neue, interessante Aspekte aufgefallen, die wir hier teilen wollen:

  • Ein Frühstücks-Salon ohne das Wort „agil“. Hätten wir das Wort „Agilität“ nicht eingebracht, es wäre beim Frühstücks-Salon nicht gefallen. Agil scheint plötzlich das Normalste der Business-Welt zu sein. Während wir gefühlt Jahre damit verbracht haben, agile Konzepte mit Organisationen zu diskutieren und nicht sicher waren, ob es jemals gelingen wird: Jetzt ist die agile Welt einfach da. Führungskräfte müssen ihren Teams Vertrauen und Verantwortung delegieren. Uns kam vor, dass es den Organisationen noch gar nicht bewusst ist, dass hier vielfach Disruption stattgefunden hat.
  • Kommunikationsanforderungen an Führungskräfte steigen. In Zukunft wird die Pluralität der internen Kanäle zunehmen, sowohl online als auch offline. Führungsverantwortliche müssen diese Pluralität bewusst nutzen, um Botschaften über passende Kanäle mehrfach zu kommunizieren. Denn gerade die online Kommunikation erfordert eine höhere Präzision, um Missverständnisse zu vermeiden.
  • Selbstfürsorge und Achtsamkeit rücken deutlich in den Mittelpunkt. Die problematische Trennung von Privat und Beruf wurde schon kurz erwähnt. Ein achtsamer Umgang mit den eigenen Ressourcen wird damit noch wichtiger, genauso wie Rituale zur Abgrenzung. Führungskräfte tragen hier Verantwortung für sich selbst – und für das Team. Auch für Organisationen werden sich hier neue Fragestellungen auftun, wenn es darum geht, die Vorteile dieser neuen Art zu arbeiten, für sich zu nutzen (z.B. in Bezug auf das Thema Vereinbarkeit von Beruf und Familie). Hierzu möchten wir auch in unserem nächsten Frühstücks-Salon anknüpfen, zu den wir am 27.11.2020 mit der Frage „Organisationen in der Vereinbarkeitsfalle?“ herzlich einladen. Alle Details zu diesem unseren vierten kostenlosen Frühstücks-Salon finden Sie hier.

 

Sicher führen in und durch unsichere Zeiten

Je unsicherer die Zeiten, desto wichtiger ist die unmittelbare Führungskraft. Sie gibt Vertrauen, Stabilität, Richtung und Orientierung. Damit lastet auf dieser Ebene ein enormer Druck: Wie können all diese Erwartungen erfüllt werden und wie funktioniert dieses „sichere Führen“ eigentlich?

Führen in unsicheren Zeiten bedeutet, sich Zeit zu nehmen. Zeit für das Team, den und die einzelne/n Mitarbeiter*in. Zeit in die Vor- und Nachbereitung von Gesprächen zu stecken und Zeit für sich selbst. Sammeln Sie alle Zeit, die Sie in (noch mehr) Reportings und Kontrolle stecken würden und polen Sie diese um in Zeit fürs Zuhören und gemeinsame Gespräche. Denn Reportings und Kontrolle geben nur vermeintlich das Gefühl, Sicherheit zu erzeugen. Ein starkes Teamgefüge, das auf Vertrauen basiert, ist ein viel stabileres Fundament.

Meine erste Empfehlung an Führungskräfte: Reduzieren Sie verunsichernde Reize und akzeptieren Sie, dass Unsicherheit (bei Ihnen) und im Team herrscht. Das nimmt Druck weg, perfekt sein zu müssen und auf alles in der Sekunde eine Antwort zu haben. Verunsichernde Reize können sein: neue oder mehr Formulare, abgesagte Jour Fixes, veränderte Bewertungen, geschlossene Türen – also alles, was „anders“ ist (aber eigentlich nicht notwendigerweise anders sein müsste).

Auch Ihre Führungshaltung ist entscheidend: Akzeptieren Sie, dass bei sich und Ihren Leuten in der Unsicherheit die Emotionsdecke dünner ist und – so die zweite Empfehlung – streichen Sie das Wort „aber“ getrost aus Ihrem Vokabular. Ein „Aber“ in der Haltung macht Verständnis zunichte – im Sinne von „Ich verstehe, dass mein Team nun mehr Zeit braucht, aber ich habe sie nicht.“ Oder „Ich kann den Bedarf nach Sicherheit nachvollziehen, aber mir hilft auch keiner.“ Das kleine Wort „aber“ ist eine Killerphrase. Eine Giftschleuder. Denn der gesamte Inhalt des Satzes vor dem „aber“ wird negiert. Versuchen Sie daher klare Aussagen zu treffen und formulieren Sie OHNE wenn und aber. So können Sie auch Fragen zur gemeinsamen Reflexion mit Ihrem Team stellen. Nehmen wir nochmals den ersten obigen „aber-Satz“, den Sie an Ihr Team folgendermaßen richten könnten: „Ich merke, Ihr braucht Zeit mit mir für Abstimmungen und Koordination. Meine eigenes Zeitbudget ist fremdbestimmt und ich kann derzeit nicht mehr als eine/zwei/drei Stunde/n pro Woche aufbringen. Wie schaffen wir gemeinsam eine für alle passende Abstimmung?“ Während im ersten Fall jede Diskussion zunichte gemacht wurde, lädt die zweite Erklärung zum gemeinsamen Lösungsfinden ein.

Gerade virtuelle Führung steht vor neuen Herausforderungen. Hier mein dritter Rat: Verwechseln Sie Koordination nicht mit Kontrolle. Virtuell führen funktioniert nur mit einem höheren Aufwand an interner Kommunikation und Koordination. Denn Missverständnisse entstehen vermehrt, wenn sich Mitarbeitende nicht in informelle Räume zurückziehen können oder rasche Abstimmungen „zwischen Tür und Angel“ wegfallen. Der Grad zwischen Koordination und Kontrolle ist ein schmaler.

 

Fünf Möglichkeiten, Corona zu (üb)erleben

Wie geht es nach der Gesundheits-Krise, die sich zu einer schwerwiegenden Wirtschafts-Krise entwickelt hat, weiter? Unternehmen und Organisationen stehen vor zahlreichen Fragen unter veränderten Bedingungen – aber nicht für alle gilt das Gleiche. Wir haben uns unter unseren Kunden umgeschaut und fünf Krisen-Typen mit unterschiedlichen Strategie-Möglichkeiten beyond Corona. Wir möchten gerne auch von Ihnen wissen: welche Strategie könnte für Ihre Situation angemessen sein und haben am Ende eine kurze Umfrage vorbereitet, zu der wir Sie gerne einladen.

 

Typ 1: „The winner takes it all.“

In der Krise wurden manche Artikel, beispielsweise Lastenfahrräder oder Webcams/Headsets, enorm nachgefragt. Firmen, die Güter, die es in dieser Krise brauchte, herstellten oder Dienstleistungen, die notwendig waren etwa Zustelldienste, anboten, kamen mit der Arbeit kaum nach. Auch die Sozialpartner waren mit Kurzzeit-Anträgen oder Härtefonds-Abwicklung mehr als ausgelastet. Nach der Krise heißt es, kurz inne zu halten: War Corona eine Ausnahme und kehre ich zu bisherigen Aufgaben oder Umsätzen zurück? War Corona der Auftakt zu Mehr – und wenn ja zu mehr wovon genau? Auch Wachstum braucht eine fundierte strategische Planung und Ausrichtung auf die neuen Bedingungen. Ein Herunterfahren eines krisenbedingten Booms auf ein Normalmaß verlangt nach einer passenden Redimensionierungs-Strategie.

Typ 2: „Business as usual.“

Einschnitte kann es bei diesem Krisentypus in der Corona-bedingten Auszeit gegeben haben. Möglich. Aber eigentlich findet das Business oder der Zweck, für den eine Organisation steht, in gleicher Weise seine Fortsetzung. Achtung vor einer möglichen Denkfalle, denn 1:1 wird es auch für diesen Typus nicht weitergehen. Strategisch macht es Sinn, sich die veränderten Umwelten außerhalb der eigenen Organisation anzusehen. Eine Veränderung von außen, die übersehen wird, kann leicht zum Stolperstein werden.

Typ 3: „Transformer.“

Organisationen haben sich durch die Krise verändert. Was vorher undenkbar war, etwa home-office oder home-schooling, war einige Wochen Alltag. Eine Kundin aus der Verwaltung meinte: Hätte sie dem Bürgermeister eine radikale Umstellung der Alltags-Prozesse vor der Krise auf digitale Weise so vorgeschlagen, wie es gekommen ist, man hätte sich nicht ernsthaft mit dem Projekt befasst. Dieser Typus steht nun vor den gezielten Fragen: Was lernen wir aus Corona? Was behalten wir bei? Was hat uns stärker gemacht, was war wirksam? Wovon können wir uns (endlich) verabschieden? Die Möglichkeit, „heilige Kühe zu schlachten“ ist gegeben. Die Transformierung darf hier aber nicht nur aus dem eigenen Erleben und der eigenen Erfahrungen stattfinden. Strategisch macht es Sinn, die eigene Veränderung an neue Zukünfte anzupassen: etwa an Klimaziele, die bislang eher halbherzig verfolgt wurden, oder soziale Ziele, die sonst gesellschaftlichen Sprengstoff bergen.

Typ 4: „Rethinking Business.“

Wenn die Umsätze komplett eingebrochen sind, die Nachfrage zum Erliegen kommt, dann heißt es, schnell den Kopf aus dem Sand recken und die Optionen überdenken: Müssen wir uns ganz neu ausrichten, brauchen wir andere Strukturen oder eine veränderte Haltung? Wenn dieser Typus eine neue Strategie entwickelt, sollte er zuerst die Frage beantworten: Sind Zweck und Sinn (neudeutsch „Purpose“) unseres Tuns vor Corona gleich wie nach Corona? Alles neu denken zu dürfen, ist auch eine Chance. Es bietet einigen Organisationen die lang ersehnte Möglichkeit, agil zu werden. An dieser Stelle eine Empfehlung eines Interviews mit Bodo Janssen. Er ist Leiter der Tourismusbetriebe Upstalboom; seine offene Art, mit Mitarbeiter*innen die Krise zu bewältigen und die agile Selbstorganisation helfen ihm dabei, die Krise unter neuen Blickwinkeln zu betrachten.

Typ 5: „Game Over.“

Und natürlich gibt es auch die Organisationen, denen Corona die Grundlage entzogen hat. Die nun überlegen müssen, wie sie ein Downsizing bewältigen, wie der Abbau bisheriger Leistungen über die Bühne gehen kann und wie möglicherweise eine Rettung der Idee oder des Organisationszwecks in kleinerer Form funktionieren kann. Wir vom impulsbüro. hoffen inständig, dass es in den vielen Kunst- und Kulturbetrieben und Festivals, die sich mit gesellschaftlichen Themen befassen (etwa dem FAQ im Bregenzerwald), viele Rethinker und motivierte Transformer gibt, damit dieser Typus die Szene nicht heimsucht.

In welchem Typus sehen Sie Ihre Organisation? Wir möchten Sie bitten, bei einer kurzen UMFRAGE mitzumachen : In welchem Typus finden Sie sich wieder? Welche Strategie passt für Ihre Organisation gerade? Die Umfrage dauert 3 Minuten und im nächsten Newsletter veröffentlichen wir einen – anonymen – Überblick. Zum gegenseitigen Lernen und Unterstützen. Von Firma zu Firma. Von Organisation zu Organisation. Egal zu welchem krisenbedingten Typus Sie Ihre Organisation zählen, wir unterstützen Sie gerne bei Ihrem Weg.

Und wie geht es im impulsbüro. weiter?

Ein Re-Start ist auch in unserer Bürogemeinschaft mehr als nur die Wieder-Öffnung von Räumen. Wir haben uns als Team der Breite Gasse zwei Wochen Zeit genommen, die Vorbereitung für das „neue Normal“ zu planen. So haben wir unsere Erlebnisse und Sorgen während der Abwesenheit geteilt und lachend Ideen für neue Angebote gewälzt. Die Change-Beratung und Organisationsentwicklung setzen wir mit dem Fokus „beyond Corona“ fort; Martina Friedl wird deutlicher als bisher ihre Beratungskompetenz im Life Science Sektor ausbauen, Alois Schrems das Thema resiliente Organisationskultur stärken und Gabriele Strodl-Sollak startet ganz neu online eine Karriereunterstützung für Frauen als Fortsetzung unserer bisherigen Positionierungs-Workshops. Marlene Sotzko wird mehr Change-Verantwortung übernehmen und mich intensiver bei Moderationen in Veränderungsprozessen unterstützen, damit ich meine Lehr- und Autorentätigkeit für das Führungskräftethema intensivieren kann. Als Team Breite Gasse werden wir die Zusammenarbeit mit jungen Wissenschafterinnen und Talenten intensivieren: Eine erste Veranstaltung dazu ist für den 9. Oktober 2020 geplant – mehr im kommenden Newsletter.

Teambuildings funktionieren remote. Wirklich!

Die Corona-Zeit hat gezeigt: digital ist vieles möglich. Viel mehr als gedacht. Jour fixes, Abstimmungen, Meetings finden seit geraumer Zeit online statt und werden mit zunehmender Erfahrung auch immer besser. Wie aber sieht es mit Klausuren, Workshops und Teambuildings aus, die digital statt im Seminarhotel stattfinden sollen? Denn bei denen geht es um das Herstellen von Verbindung zwischen Menschen und nicht Laptops, um ein vertiefendes Kennenlernen, um das Aussprechen (potenzieller) Konfliktthemen. Mit einer guten Vorbereitung und einem klaren Plan sind online Teambuilding ähnlich erfolgreich wie ihre Präsenz-Entsprechung.

Drei zentrale Kennzeichen von Teambuildings sind

  • eine kooperative Arbeitsweise
  • an einem gemeinsamen Ziel
  • geleitet durch eine gestaltende Moderation.

Mit einer Gruppe agil zu arbeiten und sie kooperativ anzuleiten ist im digitalen Raum einfacher als gedacht. Es gibt hierfür zahlreiche Tools, die Kreativität unterstützen, die gemeinsames Arbeiten ermöglichen und es schaffen, eine Art soziale Nähe trotz Distanz herzustellen.

Beispielsweise Miro . Mit diesem Tool kann ziemlich einfach ein gemeinsames Brainstorming stattfinden. Die Umsetzung erfolgt wie im analogen Raum über Post-It oder Mind-Maps. Fast alle Web-Meeting-Softwares haben Whiteboards inkludiert, sei es über Zoom, GoToMeeting oder MsTeams. Ein gemeinsames Zeichnen, Schreiben und Gedanken ausdrücken kann jederzeit erfolgen. Für kollaboratives Schreiben eignet sich beispielsweise Google Docs ; im Teambuildings wäre etwa eine Session für ein gemeinsames Storytelling schriftlich zeitgleich möglich. Abstimmungen und Abfragen können ganz einfach über Sli.do oder Mentimeter durchgeführt werden.

Wesentlich ist hierfür, die digitalen Tools gut aufeinander abzustimmen. Wenn die Vorbereitung ernst genommen wird, dann sind die Tools eher eine Fingerübung für die Moderation. Elemente

In Workshops und Klausuren ist es überdies zentral, eigene Gedanken zu sortieren, in Kleingruppen auszusprechen und sie dann auf Gruppenebene zu diskutieren. Das Prinzip „One-Pair-Share“ lässt sich relativ einfach in die digitale Welt transferieren. In unseren Workshops und Klausuren planen wir beispielsweise einen Input im Plenum ein, der mit Arbeitsblättern, die die Teilnehmer*innen vorab bekommen, begleitet wird. Ein Teil des Inputs kann auch eine Gedankenreise sein, die jede und jeder für sich unternimmt. Nach dem Input ist Zeit, die eigenen Gedanken zu sortieren. Erst nach Zeitablauf dieser Individualeinheit treffen sich Kleingruppen, Tandems oder Dreierteams, in so genannten Break Out Sessions und diskutieren bzw. reflektieren nach einem Leitfaden das Gehörte. Break Out Sessions tagen parallel; sie beginnen und enden gleichzeitig. Nach dem Austausch im Kleinen geht es zurück ins Plenum, wo eine stringente Moderation das Wort weitergibt bzw. zu einem Chat einlädt.

Damit soziale Nähe möglich ist, können Zwischendurch- und Pausengespräche digital imitiert werden. Wir schalten beispielsweise 15 bis 30 Minuten vor der Klausur die Online Plattform ein, um gemeinsam einzutrudeln, sich Kaffee, Tee oder einen Snack zu genehmigen und die individuelle Begrüßung oder Vorstellung zu machen. Genauso wiederholen wir das Ausgleiten mit einem individuellen Verabschieden, um nicht abrupt den Workshop oder die Klausur zu beenden.

Wenn Sie sich nun fragen, wie sich all die Teamspiele, die es gemeinsam zu lösen und anschließend zu reflektieren gilt, in remote Workshops leben lassen, kann ich nur sagen: Lassen Sie sich überraschen! Die Kreativität ist im digitalen Raum nicht beschränkt. Sie muss aber – und das ist das alles Entscheidende – dem Ziel des Workshops, des Teambuildings oder der Klausur entsprechen.

Raus aus dem Krisenmodus, rein in die Transformation

Wir haben unsere Veranstaltungen „transformiert“. Genauer gesagt in die digitale Welt verlagert. Luden wir Kunden, Freund*innen und Interessierte im Jänner noch zu Croissants, Kaffee und Input in unser neues Büro in der Breite Gasse zum Schwerpunkt „Unconscious Bias“, baten wir gestern, am 29. April 2020 zu unserem ersten Webinar von impulsbüro. und Martina A. Friedl.

Das Thema Corona wollten wir dabei von einer anderen Seite beleuchten. Nämlich wie Organisationen, Abteilungen und Teams den Krisenmodus der vergangenen sieben Wochen verlassen können, wie sie mit passender Reflexion das „neue Normal“ entwickeln und die Transformation dorthin gestalten.

Ein paar zentrale Aussagen möchten wir allen, die nicht dabei sein konnten, hier mitgeben:

  • Denken Sie JETZT an die Strategie 2021. Wobei wir mit Strategie nicht einen langwierigen Prozess von Vision, Mission Statement, Zielvereinbarungen und Budgetplanung verstehen. Die Strategie 2021, die Sie JETZT brauchen ist, ist die Richtungsvorgabe: Stärkung des Kerngeschäfts oder Verlagerungen im Business, Verkleinerung oder Ausbau oder ganz was anderes…?
  • Damit das möglich ist, sammeln Sie jetzt möglichst viele Beobachtungen auf Prozess-Ebene, Team-Ebene, aus dem Kunden- und Klientenkontakt, aus Rückmeldungen der Stakeholder usw.
  • Für dieses Sammeln an Beobachtungen können Sie Ihr Team einbeziehen. Jetzt ist der Aufmerksamkeitsfaktor so groß und die Bereitschaft vieler (die nicht im Krisendauerstress sind, auch die gibt es) gegeben, an der Zukunft mitzuwirken.
  • Nach der Sammlung geht es ans Analysieren, an Bewertungen und es müssen Entscheidungen getroffen werden. Dafür empfiehlt es sich, in mehreren Szenarien zu denken und jedenfalls eine rollierende Planung aufzusetzen.
  • Wie immer Ihre Strategie 2021 und der dazu passende Change-Prozess aussieht: das digitale Arbeiten in Zeiten von Corona wirkt wie ein Brennglas. Es bringt das Beste und Schlechteste stärker an die Oberfläche.

Sie finden unsere Gedanken in den präsentierten Charts nochmals komprimiert zusammengefasst. Unter anderem eine Übersicht möglicher Zielkonflikte für das Aufsetzen von Change-Projekten. Denn gerade die Beschäftigung mit Konfliktherden und Spannungsfeldern im Vorfeld hilft, um einen passenden Prozess ins Neue aufzusetzen. In den Charts finden Sie Leitfragen, die Martina Friedl aufbereitet hat. Diese helfen Teams und Organisationen bei den jeweiligen Übergängen von der Krisenphase in die Lernzone und weiter in die Transformation. Martina gibt in ihrem Blog weitere gute Anregungen zur Bewältigung der Corona-Krise. Wir helfen Ihnen gerne, Ihren Bewältigungsprozess aufzusetzen, die Transformation zu gestalten und bieten fachliche wie Coaching-Unterstützung für Führungskräfte und Organisationen. Sprechen Sie mit uns!

Und zuletzt noch eine richtig schöne Beobachtung einer Teilnehmerin aus dem heutigen Webinar: Provisorien, die in der Krise entstanden sind, halten oft am längsten, weil sie funktional sind. Falls Sie in Ihrer Organisation in der Krise Funktionales gefunden/erfunden haben, kann oder soll dies auch später beibehalten werden bzw. nach einer Weile auf die jeweilige Zweckmäßigkeit überprüft werden.

Aus der Krise ins Ungewisse?

Die Organisationswelt nach Corona wird eine andere sein als zuvor. Das Andere, wie immer es ist, braucht aber definitiv Gestaltung.

Wie Unternehmen, Organisationen, Vereine, Non-Profits derzeit die Krise erleben, ist höchst unterschiedlich. Einige berichten uns, dass alle Anstrengungen der vergangenen Jahre in Zusammenhalt, in interne Kommunikation und in gute Prozesse jetzt erst richtig zur Wirkung kommen. Sie scheinen unter der Anspannung geradezu aufzublühen und merken, wie alle – vom Management bis zu den Arbeiter*innen – an einem Strang ziehen. Andere berichten von Abstimmungsproblemen, von dauernden Missverständnissen, von fehlender Führung.

Aber ganz egal wie die Gegenwart erlebt und bewältigt wird, es wird eine Zeit danach geben. Während aktuell die Methode step-by-step die beste ist – ein Schritt nach dem anderen setzen, prüfen, korrigieren bzw. wieder setzen – braucht es für die Zeit „beyond Corona“ einen verantwortungsvollen Weitblick.

Wie aber schaffen Sie gleichzeitig die kurzeitige Bewältigung und die langfristige Planung? Drei unterschiedliche Gedanken dazu:

  1. Beobachtung verschriftlichen: Was aktuell passiert, ist einzigartig. Täglich erleben Sie in Ihren Organisationen Neues: ob es sich dabei um Erfolge oder um vermeintliche Fehler handelt ist egal. Notieren Sie Ihre Beobachtungen. Wir vergessen sehr schnell wieder, welche Prozesse in der Krisenzeit hervorragend funktioniert haben, welche Abstimmungsformen besser nochmals überlegt oder welche Aussagen motivationsfördernd waren. Ob Sie das in einer Art Tagebuch oder als Scrum-Post-It-Wand für sich organisieren, bleibt Ihrer Kreativität und dem Platz (im home-office) überlassen. All diese Beobachtungen helfen Ihnen und Ihrem Team in der Analysephase nach einem Re-Opening aber immens.
  2. Mut haben: Seit jeder versuchen wir unsere Kunden auf das Denken in Optionen vorzubereiten. Es gibt nicht nur den einen richtigen Weg. Es gibt immer mehr als eine Option, die man prüfen, bewerten, teilweise berechnen kann und für oder gegen die man sich entscheidet. Für eine Option und damit gegen die anderen zu sein, braucht Mut. Und Mut nach Corona ist notwendig. Denn „alles ein wenig downsizen“ wird keine gute Option sein, ebenso wenig wie mit jenen Aspekten starten, die am wenigsten wehtun.
  3. Partizipation leben: Wieso nicht die Beobachtungen auf breitere Schultern legen? Nicht nur Führungskräfte machen Beobachtungen und erleben Überraschungen. Jede und jeder, der zu digitalem Arbeit oder zu Hybridformen oder zur Anwesenheit im Betrieb verpflichtet wurde, macht Beobachtungen. Je mehr davon, desto präziser wird eine Analyse. Wenn Sie Ihr Team einladen, mitzumachen, dann klären Sie allerdings, was genau beobachtet werden soll, in welcher Tiefe und erklären Sie, dass eine Beobachtung KEINE Bewertung in sich trägt. Die Bewertung all der Beobachtung können Sie nach einer Öffnung Ihrer Organisation ebenso gemeinsam vornehmen und alle bei einem Neustart – wie auch immer der aussehen mag – mitnehmen. Damit die Organisation nach Corona stärker als vorher ist.

Mehr zu diesem Thema werden wir bei unserem Webinar am 29. April 2020 erörtern: wie Sie vom Krisenmodus in den Veränderungsmodus kommen. Wenn Sie zwischen 8:30 und 9:45 Uhr Zeit und Lust haben, sich mit uns zu vertiefen, melden Sie sich unter diesem Link an.

Führen in der Krise gleicht einem akrobatischen Kunststück

Wir schreiben Woche 2 der Corona-Arbeit im Home-Office. Das Führen in und durch diese Krise kann sich schon mal anfühlen als würde man ein akrobatisches Kunststück vollbringen – manchmal ohne dafür aufgewärmt zu sein. Es ist ungewohnt auf Distanz zu seinen Mitarbeiter*innen, zu Partner*innen und Lieferanten sein oder jede/n im eigenen Zuhause zu betrachten. Weit weg und durch die Technik doch nahe.

Zum Glücken können wir für die aktuelle Krise von virtuellen Teams lernen, die schon Erfahrungen mit dem Führen auf Distanz gemacht haben. Deren erste Empfehlung: Entwickeln Sie eine gute Struktur und eine gemeinsame Kultur. Einiges dazu habe ich Ihnen in den Artikel der vergangenen Tage schon empfohlen.

  • Klare Kanäle vereinbaren: nachzulesen >> hier 
  • Wie organisieren wir dann wirklich den ersten digitalen Jour fix samt Checklisten.
    Mehr >> hier und
  • Ideen für sozialen Austausch: >> hier 

Die zweite Empfehlung lautet: Überdenken Sie Ihr Führungsverhalten. Vor ein, zwei Tagen meinte eine Kundin, es würde sich anfühlen, als würde ihr alles entgleiten. Bisher wusste sie immer genau, wer woran arbeitete und wer welche Form der Unterstützung braucht. Das ist nun anders. Es kann sich wie ein Kontrollverlust anfühlen, den man mit noch mehr virtuellen Meetings zu kompensieren sucht. Führen in Zeiten der Distanz ist anders und es braucht eine andere Form zu führen. Überlegen Sie, wann und wie Sie Ihrem Team vertrauen. Überlegen Sie, wer welche Form an Anleitung und wer welche Form an Freiheit braucht. Das situative Führen wird in noch größerem Ausmaß als bisher notwendig sein. Mehr dazu demnächst bei uns.

Meine Bürokollegin Martina A. Friedl hat ebenfalls eine Liste zusammengestellt, was Führungskräften gegen die Angst in der Krise hilft: https://www.martinafriedl.com/was-tun-gegen-die-angst-ein-paar-ideen-von-meiner-seite/

Falls Sie noch mehr Empfehlungen lesen wollen von Menschen, die Erfahrungen im Führen virtueller Teams haben, kann ich Ihnen den Spiegel vom 11. März 2020 an Herz legen: Hier beschreibt Homeoffice-Expertin Teresa Bauer, welche Spielregeln Teams in der Kreise brauchen. Von der Klärung der Anwesenheiten bis zur Frage, wie schnell jede/r im Team auf Fragen antworten soll oder muss. Das Interview finden Sie >> hier 

Empfehlungen für effiziente digitale Moderation

Der Rolle der Moderation kommt bei Telefon- und Online-Meetings mit mehr als zwei Personen eine noch größere Bedeutung zu als im Büro. Struktur, Zeitmanagement, inhaltliche Koordination – all diese Aspekte verdienen noch mehr Beachtung als bei physischen Treffen. Daher hier die wichtigsten Aspekte für Sie zusammengefasst:

Das Ziel darstellen. Meine Kunden kennen mein Mantra: Was ist das Ziel? Was soll erreicht werden? Was genau ist am Ende einer Besprechung besser oder anders als am Beginn?

Vor einer Online-Schaltung oder einer Web-Konferenz muss unbedingt ein präzises Ziel, am besten nach den „smart Kriterien“  definiert werden. Denn erst wenn man weiß, was nach ein, zwei oder drei Stunden Online-Schaltung erreicht sein soll, kann die Moderation oder der/die Sitzungsleitende die richtigen Personen einladen oder temporär dazu schalten bzw. Ablauf und Methoden sinnstiftend planen. Es macht einen großen Unterschied, ob das Ziel lautet, eine bestimmte Gruppe über ein Thema zu informieren oder mit ihr zu diskutieren oder eine Entscheidung herbeizuführen.

Außerdem startet jedes gute digitale Meeting mit der Klärung des Zieles durch die Moderation und einem Check: Haben alle das Ziel auf die gleiche Art verstanden und sind alle mit dem Ziel einverstanden? Auch die Rückführung während des digitalen Meetings auf das Ziel macht Sinn: Verstricken sich gerade zwei in Themen, die nicht dem Ziel entsprechen, gleitet der Beitrag eines Sprechenden ab, ohne das Ziel im Auge zu behalten? Die Moderation ist hier mehr als sonst gefordert, die Zielerreichung im Auge – und im Ohr – zu behalten.

Zeit- und Methodenmanagement neu denken.

Tools und Instrumente für die digitale Moderation gibt es endlos, um die Aufmerksamkeit zu schärfen und auf das Thema zu fokussieren, etwa Abstimmungstools, die online schnell sichtbare Ergebnisse erzielen sei es über Poll Everywhere, Sli.do oder QR-Codes. Sie brauchen allerdings mehr Vorlauf als bei Präsenzmeetings. Das verlängert die Vorbereitungszeit für jene, die die Sitzungen verantworten bzw. moderieren.

Trotz aller neuen Tools und Methoden: bei digitalen Meetings vergessen wir ganz oft und leicht auf deren Dokumentation. Was in regelmäßigen Jour Fixes Standard ist, muss auch für deren online Übersetzung gelten. Und hat einen ganz großen Vorteil: das bewusste Fazitieren durch den oder die ModeratorIn. Nach einem Agendapunkt oder nach einer bestimmten Zeit etwa alle zehn Minuten, kann die Moderation eine Zusammenfassung für das Protokoll oder die Dokumentation vorschlagen und damit die Gruppe auf das Wesentliche zurückführen. Auch hier unterstützen Tools wie eduPad das Gehörte zu verschriftlichen.

Steuerung übernehmen und Arbeitsfähigkeit prüfen.

Wer spricht wann und wie lange? Wer darf wann kommentieren oder widersprechen? Und sind noch alle Teilnehmende online oder längst aus der Leitung gefallen bzw. mit ganz anderen Dingen beschäftigt? Von Präsenz-Workshops kennen Sie sicher das Zitat „Störungen haben Vorrang“. Störungen in der digitalen Welt sind oft technisch bedingt: TeilnehmerInnen, die nur mehr das Bild sehen und keinen Ton haben oder umgekehrt. Teilnehmende, die von Aspekten im eigenen Umfeld abgelenkt sind oder nebenbei Mails checken. Die Rolle der Moderation in der digitalen Welt bedeutet: laufende Prüfung der Arbeitsfähigkeit der Gruppe. Sind alle noch online? Sind alle noch aufmerksam? Wie weit vom gesetzten Ziel (siehe oben) ist die Gruppe entfernt?

Das bedeutet: die Moderation wird mit einer Vielzahl von Fragen die Gruppe steuern. Fragen auf der Inhaltebene und vor allem auf der Prozessebene. Durchzählen der TeilnehmerInnen, Abfragen zu deren Konnektivität, Überbrücken von Zeitpunkten, bis alle (wieder) online sind, Wiederholung der zu diskutierenden Fragestellung, Rückführungen auf die Zielsetzung des Meetings und gute Zusammenfassungen.