Archiv der Kategorie: Strategie & Organisation

Führung wirkt, wenn sie ermutigt

Führungskräfte haben es in der Hand: ob das Team, das Projekt, der Veränderungsprozess toppt oder floppt. Ihre Haltung entscheidet weit mehr als ihre Aktivitäten. Die Management-Literatur hat dafür einen neuen Lieblingsbegriff entwickelt ermutigende Führung. Ermutigung ist eine Grundhaltung, die auf Zuversicht fußt und die Führungskräfte nicht nur ihren MitarbeiterInnen gegenüber, sondern auch sich selbst gegenüber entwickelt sollten. Es geht nicht um ein Mehr an Lob, Zufriedenheit und Anerkennung im Jour Fix. Ermutigung zielt nicht auf bereit Erreichtes, das es hervorzuheben und zu betonen gälte. Ermutigung zielt auf Künftiges. Sie soll den nächsten und übernächsten Schritt begleiten. Vor allem dann, wenn Probleme, Hindernisse oder unlösbar Scheinendes auftritt, brauchen Mitarbeitende Ermutigung. Durchzuhalten, etwas zu wagen, dranzubleiben, sich zu überwinden. Ermutigung wirkt der Resignation entgegen. Wenn Sie mehr über das Thema lesen wollen: Winfried Berner hat mit KollegInnen einen spannenden Ratgeber für eine „Kultur des Wachstums“ verfasst und sich der ermutigenden Führung und wie man sie umsetzt, gestellt: Mehr unter Ermutigende Führung/Berner

Unsicherheitsabsorption – was ist das denn?

Wir leben in einer Zeit, in der Unsicherheit zunimmt, Vorhersagen, was morgen sein wird, schwierig bis unmöglich werden, in der Change „The new normal“ (IBM 2012) ist. Dennoch messen und kontrollieren Unternehmen und Organisationen weiterhin den Status Quo der Gegenwart, planen strategisch die Zukunft, koordinieren Menschen und Prozesse. Sie geben Planungssicherheit mitten in Zeiten von Unsicherheit. Der Soziologe Niklas Luhmann meinte einmal, Unternehmen und Organisationen existieren allein zu einem Zweck, Unsicherheit zu reduzieren. Ihre Aufgabe als Konstrukt ist es, jede Unsicherheit zu absorbieren, Komplexität zu reduzieren und damit Sicherheit zu geben.

Der Begriff der Unsicherheitsabsorption kommt aber auch aus der Kommunikationswissenschaft. Hier bedeutet es, dass aus gesendeter Information vom Empfänger unsichere Schlüsse gezogen werden. Der Empfänger kommuniziert diese Schlüsse weiter – nicht aber die Information. Wer immer mit den Schlüssen konfrontiert ist, kann sich nur mehr an diesen und nicht an der Ausgangslage orientieren. Kommt Ihnen das im Zusammenhang mit der aktuellen medialen oder politischen Debatte bekannt vor?

Langweilt Euch!

Wann haben Sie das letzte Mal gar nichts getan? Wirklich gar nichts? In der Sonne gelegen, ohne den Facebook- oder Twitter-Account zu checken? Wolken zuzusehen, wie sie sich verändern, ohne an die Abarbeitung von ToDo-Listen zu denken? Eine Ameise beim Arbeiten beobachten, ohne an das nächste Meeting zu denken?

Mehr und mehr verkürzen wir auch die Phasen des natürlichen Leerlaufes. Wenn wir eine U-Bahn versäumen, checken wir Mails. Wenn wir in einer Schlange vor der Kasse stehen, fühlen wir uns gestresst und verfassen einen Tweet. Wenn uns ein Film im Kino langweilt, surfen wir auf dem Smartphone.   

Gerade Führungskräften fällt es zunehmend schwer, nichts, wirklich gar nichts zu tun. Für sie wäre es aber in dringendem Maße notwendig, sich ab und zu einmal zu langweilen. Erstens ist es ein toller Check, um zu sehen, wie es um den eigenen Burn-Out-Status steht. Wer noch Muße findet, nachzugeben, nichts zu tun, kann abschalten und Ruhepause einnehmen. Zweites ist Langeweile eine gute Voraussetzung für Kreativität. Erst durch Langeweile kann unser Gehirn so richtig kreativ tätig werden, zeigt eine Studie zweier Psychologinnen von der University of California. Sandi Mann und Rebekah Cadman ließen Probanden sich langweilen, bevor sie ihnen eine kreative Aufgabe stellten. Deren Ergebnisse waren im Vergleich über 40% besser als jene der Vergleichsgruppen.

Das Motto für den Sommer lautet also: Müßiggang statt Optimierungszwang.

Auf den Sperrmüll

Zwei Mal im Jahr fand bei uns am Land früher die Sperrmüll-Aktion statt – einmal mitten im Sommer. Große, ungenutzte oder abgenutzte Gegenstände konnten vor die Tür gestellt werden und wurden binnen drei Tage abgeholt. Weg waren sie. In der Großstadt gibt es das nicht. Wer eine alte Matratze oder eine Kredenz der Großmutter loswerden will, muss selbst zur Sammelstelle fahren. Damit wird das Loslassen von Altem schwerer.

Eine Sperrmüll-Aktion wie damals, das täte vielen Organisationen heute gut. Ein bis zwei Mal im Jahr alte Stapel von Papier, die niemand liest, wirklich weg zu werfen, statt zu verstauen.

Prozesse und Abläufe auf ihr Sinnhaftigkeit zu prüfen und bevor sich unnotwendige Schleifen manifestieren, diese zu lösen. Wichtig dabei ist ein bewusster Akt: Entsorgen Sie überkommenen Dinge auch wirklich sichtbar!

Ein CEO, mit dem wir viel und gerne arbeiten, trommelt zwei Mal im Jahr seine Belegschaft zusammen. Dann wird alles ausgemistet, was nicht mehr  gebraucht und nicht mehr sinnvoll ist und vor den Augen aller zerrissen oder weggeschafft.

Matilda, Matilda

Matilda ist klein. Sie ist etwa 50 Zentimeter hoch und hat keinen Hals. Dafür große kreisrunde „Telleraugen“, die jede noch so kleinste Bewegung registrieren und damit mögliche Gefühlsschwankungen analysieren. Matilda ist Eigentum der Australischen Universität La Troube und ihr Job ist es, Bewerbungsgespräche zu führen. Sie stellt potenziellen Kandidaten 76 Fragen und analysiert Antworten plus Minenspiel. Aus der Kombination errechnet sie, welche Person für die jeweils ausgeschriebene Stelle am besten geeignet sei.

Entwickelt wurde Matilda von Professor Rajiv Khosla, Direktor des Forschungszentrums für Computer, Kommunikation und Soziale Innovation der La Trobe Universität. Mehr über die beiden finden Sie auf diesen Youtube-Video.

Sie finden, die Automatisierung und Digitalisierung geht zu weit? In wie weit gefährden selbstfahrende Autos, Drohnen-Paket-Zustellungen oder Datenanalysen menschliche Arbeitsplätze? Zwei Oxford-Professoren, Carl Benedikt Frey und Michael A. Osborn, haben 2013 702 Jobprofile analysiert, in wie ferne sie sich durch Digitalisierung ändern. 47% der Arbeitsplätze, so die Autoren, werden mittelfristig von Robotern und Computern übernommen werden. Die Studie finden Sie hier: The future of Employemt.  A.T. Kearney sieht einer Studie zufolge in den nächsten 25 Jahren durch die Digitalisierung 44 Prozent aller österreichischen Arbeitsplätze bedroht. Mehr unter Studie sinkende Wertschöpfung.

Ohne Mitarbeiter, Hierarchie und Vorgaben

Das Unternehmen W.L. Gore & Associates, bei uns unter dem Produktnamen Gore-Tex für wasserfeste Textilien bekannt, arbeitet ohne Vorgesetzte, ohne MitarbeiterInnen und auf Basis von Abmachungen. Kann das gut gehen? Bis jetzt ja. Denn das Unternehmen hat seit der Gründung vor 59 Jahren bislang keine Verluste gemacht und zählt zur Gruppe der 200 größten US-Privatfirmen mit geschätzten 2 Mrd. US$ pro Jahr. Umsatzzahlen gibt die Firma keine bekannt, dafür erzählt sie mehr über ihre Unternehmenskultur.

Gore ist alles andere als ein herkömmlicher Arbeitsplatz. Sie versteht ihre weltweit rund 10.000 MitarbeiterInnen als Teilhaber und nennt sie „Associates“. Associates geben persönlich ein Commitment ab, zum Wachstum des Unternehmens beizutragen. Dafür werden jedes Jahr elf Prozent des Bruttogehaltes in Aktien der Firma angelegt.

Hierarchien gibt es nicht: Jede Associate spricht jeden anderen direkt an. Damit die interne Kommunikation reibungsfrei funktioniert, ist kein Werk von Gore größer als 150 Personen bzw. 200 im Schichtbetrieb. Anstelle von Vorgaben gibt es Abmachungen unter den Associates. Vorgesetzte, so genannte Leaders, werden vom Team auf Zeit oder die Dauer eines Projektes gewählt. Sie kommen anschließend wieder in die Rolle einer KollegIn zurück. Probleme damit scheint es nur nach Außen zu geben, wenn ein Gesprächspartner einer Bank oder eines Lieferanten mit dem gleichgestellten Gore-Vis à Vis reden möchte. Auch dafür gibt es eine Lösung: Jede Associate hat Visitenkarten und trägt den notwendigen Rang einfach selbst ein.

 

 

Was bitte ist Ambiguitätstoleranz?

Führungskräfte sollten sie haben, eine hohe Ambiguitätstoleranz auch als Unsicherheits- oder Ungewissheitstoleranz bezeichnet. Es ist nichts anderes als die Fähigkeit, mehrdeutige Situationen oder Informationen sowie widersprüchliche Handlungsweisen zu akzeptieren. Ambiguitätstolerante Menschen halten Mehrdeutigkeiten und Widersprüche in ganz unterschiedlichen Situationen aus, ohne sich unwohl zu fühlen. Sie bleiben trotz Spannungsfeldes handlungsfähig.

Wer das schwarz-weiß-Denken aufgibt und Widerspruch als produktiven Impuls sieht, ist schon auf einem guten Weg, ambiguitätstolerant zu werden. Es gibt eine ganze Bandbreite an Grautönen und viele Wege, die ans Ziel führen. Abweichende Meinungen zu akzeptieren, zuzuhören und dann erst abzuwägen, das macht die Qualität guter Entscheidungsträger aus.

Good News aus aktuellen psychologischen Erkenntnissen: Ob und wie gut wir mit unsicheren, widersprüchlichen Situationen umgehen ist „in weiten Teilen Ergebnis von Sozialisations- und damit Lernprozessen“. Das bedeutet, jede/r von uns kann seine/ihre eigene Frustrations- und Ambiguitätstoleranz zumindest geringfügig steigern.

        

 

Hat Peter immer noch recht?

1969 erschien ein Buch mit dem Titel The Peter Principle, das heute zu den Klassikern der nordamerikanischen Managementliteratur zählt. Darin stellt der Autor und Psychologe Laurence J. Peter die These auf, dass in komplexen Hierarchien Mitglieder so lange befördert werden, bis sie das Maß ihrer absoluten Unfähigkeit erreicht haben. Sie kennen solche Fälle? Leider gibt es bis heute keine Zahlen, die Peters These belegen, sondern eher Beobachtungen und Erfahrungen. Was aber heute, knapp 50 Jahre später, bewusst ist: gute Leistungen in der bisherigen Funktion sind nicht automatisch die beste Voraussetzung für das Erklimmen der nächsten Sprosse auf der Erfolgsleiter. Wir wissen das aus dem Bildungssektor, dass die beste PädagogIn nicht zeitgleich die beste DirektorIn sein muss, und dennoch ist für den Management-Job DirektorIn pädagogische Qualifikation die wichtigste Voraussetzung. Solange wir in einem Stufenbau von Karriere denken, die von der Fach- und Expertenebene ins Management führt, wird sich hier nichts ändern. Eine neue Sichtweise und Wertschätzung jeder Ebene für sich, ist ein Muss der heutigen Zeit.

Karriereleiter heimlich abgebaut

2007 schuf der Künstler Peter Lenk eine 16 Meter hohe Skulptur für die Fassade der Investitionsbank Berlin IBB. Er nannte sie „Karriereleiter“, zu sehen drei Figuren mit Aktentaschen, die sich abmühen, nach oben zu gelangen – und sich dabei gegenseitigen behindern. Eine Urfassung dieses Werkes steht in Konstanz auf dem leider nicht öffentlich zugänglichen Firmengelände von Siemens. In der Nacht zum 1.11.2012 ließ die IBB die Skulptur entfernen, “weil sie keine gute Visitenkarte darstelle”. Der Künstler klagte auf Wiederherstellung des Werkes. Gerüchte darüber, das Kunstwerk sei abgebaut worden, weil die oberste Figur auf der Leiter Ähnlichkeit mit einem neuen Vorstand habe, wurden natürlich zurückgewiesen.

Vision: „Traum mit Verfallsdatum“

Die wohl passendste und einfachste Definition, was denn eine Vision sei, hat Thomas Kell in seinem Werk „Die Kunst der Führung“ (Gabler 2005) geliefert: „Eine Vision ist ein Traum mit Verfallsdatum.“ Die Kraft der Vision liegt in einer guten, bildhaften Beschreibung, wie ein Unternehmen oder eine Organisation in drei, fünf oder zehn Jahren aussehen kann und sollte. Noch nicht Wirklichkeit, aber mit viel Potenzial, die Vision Wirklichkeit werden zu lassen. Und irgendwann ist man dann dort…
Während in vielen Management-Handbüchern „wichtigste Merkmale einer guten Vision“ beschrieben werden (die ich für nett aber irrelevant halte), möchte ich Ihnen an dieser Stelle einen ganz anderen Hinweis geben: Eine Vision ist ein Traum, den viele träumen. Es hat wenig bis gar keine Kraft, wenn der CEO als einziger in der Firma von Innovationsfreude träumt, der Bürgermeister ganz allein von Kundennähe und der Abteilungsleiter einsam von einer Zielerreichung phantasiert. Eine Vision ist ein Traum, der verbindet, der alle in der Organisation mitnimmt und den dennoch jede und jeder für sich weiterträumen kann. Starten Sie in den Wandel also nicht mit einem laut Handbuch formal korrekten Visions-Statement, sondern mit einem Traum. Einem Traum, der kraftvoll genug ist, alle mitzunehmen. Und freuen Sie sich, wenn er ausgeträumt ist: denn dann ist der Change erfolgreich zu Ende.